Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Leistungspflicht für apothekenpflichtige Medizinprodukte nach einer markenrechtlichen Umbenennung. Änderung des Klageantrags und des Klagegrundes

 

Orientierungssatz

1. Von einer Klageänderung ist bei Ersetzung des bisherigen Begehrens durch ein inhaltlich anderes oder Einbeziehung weiterer Klagebegehren auszugehen.

2. Von einer Änderung des Klagegrundes ist auszugehen, wenn in dem gestellten Klageantrag zum Ausdruck kommt, dass nicht nur das Rechtsschutzziel, sondern zusätzlich auch die zur Begründung des Rechtsschutzbegehrens vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte (Klagegrund) ausgetauscht werden (vgl VGH München vom 25.3.2010 - 11 ZB 09.863).

3. Eine Änderung des Klageantrages von Uropol-S in Gepan instill stellt eine Änderung des Klagegrundes und zwar nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht dar, weil sämtliche Voraussetzungen nach dem MPG vorliegen müssen, um einen Anspruch auf Gewährung von Gepan instill gem § 31 SGB 5 begründen zu können.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.07.2012; Aktenzeichen B 1 KR 23/11 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Gewährung des Medizinproduktes "Uropol-S" als Sachleistung für die Zukunft bzw von Gepan instill, nachdem Uropol-S nach Angaben der Klägerin aus markenrechtlichen Gründen umbenannt worden sei.

Die Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet seit Jahren unter einer sog. interstitiellen Cystitis (chronisch progressive Erkrankung der Harnblase). Die Erkrankung hat eine erhebliche Verringerung der Harnblasenkapazität und eine Harnblasenentleerungsstörung zur Folge. Das ständige Anfüllen der Blase führt zu ausgeprägten Dehnungsschmerzen, die einen starken Harndrang nach sich ziehen. Die Klägerin ist bei dem Facharzt für Urologie Dr D. in E. in Behandlung. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sämtliche anderen Therapieansätze weder zu einer Linderung, noch zu einer Heilung der Erkrankung führten. Bei dem begehrten Medizinprodukt Uropol-S handelt es sich um eine sterile Natrium-Chondroitinpolysulfat-Lösung zum vorübergehenden Ersatz der Glykosaminoglykan-Schicht (GAG-Schicht), die die Innenwand-Schutzschicht der Blase darstellt.

Die Zuführung von Uropol-S in die Blase erfolgt über einen Katheter. Während der ersten vier Behandlungswochen soll die Instillation (Einträufeln von flüssigen Substanzen in den Organismus) einmal pro Woche durchgeführt werden. Anschließend bedarf es einer einmaligen Behandlung im Monat bis zum Abklingen der Symptome.

Im Januar 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung des Medizinproduktes Uropol-S unter Vorlage einer Verordnung. Die sich in der Verwaltungsakte der Beklagten befindende Verordnung datiert vom 9. Januar 2006. Der Name des verordnenden Arztes ist nicht lesbar. Mit Schreiben vom 16. Januar 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass dem Antrag nicht entsprochen werden könne. Der verordnende Arzt trage die alleinige Verantwortung für die Verordnung von Arzneimitteln. Eine Genehmigung durch die Krankenkasse sei unzulässig. In den Verwaltungsakten befindet sich noch das Zentrale Rundschreiben des BKK-Bundesverbandes, lfd. Nr: 369/2004. Danach handele es sich bei Uropol-S um ein nicht apothekenpflichtiges Medizinprodukt. Eine Leistungspflicht nach § 31 Abs 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durch die gesetzliche Krankenversicherung sei damit ausgeschlossen. Es bestehe eine Leistungspflicht nach § 31 Abs 1 Satz 3 SGB V nur für solche (arzneimittelähnlichen) Medizinprodukte, die apothekenpflichtig seien. Die Apothekenpflicht für Medizinprodukte sei nach dem Gesetz über Medizinprodukte (MPG) und den korrespondierenden Verordnungen zu beurteilen. Die Behauptung des Herstellers (Firma POHL BOSKAMP GmbH & Co. in Hohenlockstedt im Land Schleswig-Holstein), dass die intravesikale (innerhalb der Blase) Applikation des Medizinproduktes Uropol-S auch eine parenterale (unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes) Anwendung sei und das Produkt damit gemäß der "Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel" als verschreibungspflichtig und demzufolge als verordnungspflichtig einzuordnen ist, sei nicht richtig.

Mit weiterem Schreiben vom 15. Februar 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es sich bei Uropol-S nicht um ein apothekenpflichtiges Medizinprodukt handele. In den Verwaltungsakten befindet sich weiterhin das Gutachten zum Begriff "parenterale Anwendung" des Prof Dr med F. vom 28. Juni 2004. Darin hat dieser ausgeführt, dass zusammenfassend festzuhalten sei, dass in der Medizin  der Begriff "parenteral" als "unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes" im Zusammenhang mit der Anwendungsform von Medikamenten definiert sei. Eine intravesikale Instillitation zähle somit zu den parenteralen Anwendungsformen. Es liegt weiterhin die Gebrauchsanweisung für Uropol-S vor. Wegen deren Einzelheiten wird auf Bl 15 und 16 der Ve...

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