Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. unangemessene Unterkunftskosten. Aufforderung zur Kostensenkung. Umzugskosten. Erforderlichkeit. selbst organisierter Umzug. fehlende Zusicherung. Einholung nur bis zum Abschluss eines Mietvertrages

 

Orientierungssatz

1. Die Einholung der Zusicherung zur Umzugskostenübernahme nach § 22 Abs 3 SGB 2 hat anders als die Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB 2 verpflichtenden Charakter. Eine Übernahme von Umzugskosten kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie "vorher" zugesichert worden ist. Auf welchen Zeitpunkt sich die Rechtzeitigkeit der Zusicherung bezieht, klärt der Zusammenhang mit § 22 Abs 3 S 2 SGB 2. Als unterstützende Maßnahme kann die Zusicherung gem § 22 Abs 3 S 1 SGB 2 lediglich bis zu einem Mietvertragsabschluss eingeholt werden. danach scheidet ihre Erteilung aus, weil ein erfolgreicher Mietvertragsabschluss der Annahme entgegensteht, die angemietete Wohnung habe nicht ohne Zusicherung der Umzugskosten gefunden werden können. Der Abschluss eines Mietvertrages lässt einen bis dahin unerfüllten Anspruch auf Zusicherung der Umzugskostenübernahme untergehen (vgl LSG Celle-Bremen vom 29.8.2007 - L 9 AS 507/07 ER und vom 23.4.2008 - L 9 AS 57/08 ER).

2. Hilfebedürftige nach dem SGB 2 haben einen notwendigen Umzug, soweit es möglich ist, selbst zu organisieren und die Kosten eines Umzugs durch ein gewerbliches Umzugsunternehmen gehören nur dann zu den erforderlichen Umzugskosten, wenn nach allen Umständen des Einzelfalles ein selbst organisierter Umzug für den Hilfeempfänger unzumutbar ist, etwa aufgrund seines Alters, seiner Behinderung, dem Fehlen von hilfebereiten Angehörigen, Freunden und Bekannten (vgl LSG Hamburg vom 29.3.2006 - L 5 B 111/06 ER AS).

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 06. Juli 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Berufungskläger begehrt im Rahmen der Berufung die Übernahme von weiteren Umzugskosten durch den Berufungsbeklagten.

Der 1942 geborene Berufungskläger bezog bis zum 31. Dezember 2004 von der Stadt B in Hessen Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Nach einer Aufforderung zur Senkung der Kosten der Unterkunft (KdU) teilte der Berufungskläger am 27. Dezember 2004 der Stadt B mit, dass er ab 01. Februar 2005 eine günstigere Wohnung im Kreis W gefunden habe. Gleichzeitig beantragte er die Übernahme der entstehenden Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzuholen. Mit weiterem Schreiben vom 06. Januar 2005 (eingegangen: 12. Januar 2005) legte er dann einen Kostenvoranschlag der Firma F GmbH über 3.645,07 € vor und bat um Kostenübernahmezusage bis zum 20. Januar 2005. Am 26. Januar 2005 zog der Berufungskläger dann von B nach W in Niedersachsen um und legte mit Schreiben vom 28. Januar 2005 unter Erinnerung an die Übernahme der Umzugskosten eine Rechnung des Umzugsunternehmens über insgesamt 3.705,10 € beim Berufungsbeklagten vor (eingegangen: 01. Februar 2005). Mit Bescheid vom 11. April 2005 lehnte der Berufungsbeklagte die Übernahme der Umzugskosten ab, weil die Voraussetzungen für eine Zusicherung der Übernahme der Umzugskosten nicht vorgelegen hätten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 16. April 2005 (eingegangen: 18. April 2005) enthielt unter anderem die Begründung, dass der Umzug nach Niedersachsen erforderlich gewesen sei, weil die Kinder des Berufungsklägers in der Umgebung wohnten und seine Ärzte ihm geraten hätten, in seine angestammte Umgebung zurückzukehren. Der Berufungsbeklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01. August 2005 zurück, weil keine vorherige Zusicherung vorgelegen habe. Die Erteilung sei auch nicht treuwidrig verzögert worden, da der Berufungskläger den Kostenvoranschlag erst am 12. Januar 2005 eingereicht habe.

Im Rahmen des an das Sozialgericht (SG) Braunschweig verwiesenen Klageverfahrens hat der Berufungskläger darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Übernahme der gesamten Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) bestehe. Auf die vorherige Zusicherung komme es nicht an, da der Berufungsbeklagte den Antrag nicht zeitnah bearbeitet habe.

Das SG hat auf die mündliche Verhandlung vom 06. Juli 2006 durch Urteil den Bescheid des Berufungsbeklagten vom 11. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2005 aufgehoben und diese verpflichtet, dem Berufungskläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 € zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und dem Berufungsbeklagten ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsklägers auferlegt. Da der Berufungsbeklagte die Entscheidung über die beantragte Zusicherung der Kostenübernahme des Umzuges treuwidrig verzögert habe, sei das Vorliegen der Zusicherung als Voraussetzung für eine Kostenübernahme vorliegend entbehrlich, weil es dem Berufungskläger nach der Aufforderung zum Umzug nicht zuzumuten gewesen sei, diesen so lange hinauszuzögern. Darüber...

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