Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. keine Kostenerstattung der Kuba-Therapie bei Retinitis Pigmentosa

 

Orientierungssatz

1. Ist für Versicherte eine nach den Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich, besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach § 18 SGB 5.

2. Bei der Kuba-Therapie nach Dr Pelaez bei Retinitis Pigmentosa liegen weiterhin keine ausreichenden Indizien vor, dass diese Methode eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbar positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf hat. Insofern besteht kein Kostenerstattungsanspruch gegenüber der GKV.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.09.2014; Aktenzeichen B 1 KR 4/13 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in allen Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Kostenerstattung für eine Augenbehandlung in Kuba.

Der 1984 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet an Retinitis Pigmentosa, einer Erkrankung der Augennetzhaut. Die durch Gendefekte verursachte Erkrankung verläuft schleppend und führt zu Tunnelblick, sie kann im Endstadium zur Erblindung führen; bei jedem 4. Patient verbleibt im Alter bei zwar stark eingeschränktem Gesichtsfeld Lesefähigkeit (ggf. unter Nutzung von Hilfsmitteln).

Mit Schreiben vom 30. September 2002 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für die sogenannte Kuba-Therapie. Zur Begründung führte er aus, ihm sei inzwischen nur ein kleiner Sehrest verblieben. Prof. Dr. P. in H. auf K. habe eine Operationsmethode in Verbindung mit einer Therapie entwickelt, die ein weiteres Absterben der Netzhaut verhindere und unter Umständen sogar eine Verbesserung des Sehvermögens eintreten lasse. In Deutschland und in Europa bestünde keine Möglichkeit einer Therapie und einer Heilung.

Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dipl.-Med. S. führte in einem Gutachten nach Aktenlage aus, dass die Retinitis Pigmentosa eine Erbkrankheit sei, die zu einem Absterben der Sehzellen führe. Es gebe bis heute keine Therapie, die die Erkrankung zum Stillstand bringen könne. Die heutigen Ergebnisse der Forschung ließen viele Therapieansätze erkennen, die allerdings erst durch zukünftige Studien zu realen Therapiemöglichkeiten entwickelt werden müssten. Auch für die vorliegende Kuba-Therapie existiere keine Studie, die die Wirksamkeit der Methode belege. Mit Bescheid vom 19. November 2002 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, die Kuba-Therapie gehöre nicht zu den allgemein anerkannten schulmedizinischen Behandlungsmethoden und sei damit nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Auch nach der neuesten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts scheide eine Kostenübernahme aus.

Hiergegen erhob der Kläger mit einem Schreiben vom 01. Dezember 2002 Widerspruch. Nach seiner Kenntnis seien in den vergangenen Jahren tausende Patienten aus aller Welt in K. erfolgreich behandelt worden. Da sich sein Sehvermögen auf einen Rest von ca. 3 - 5 % stark verschlechtert habe, sei die Behandlung für ihn die letzte Chance. Er könne nicht verstehen, dass eine kleine Lobby von Augenärzten selbstherrlich diese Ergebnisse ignoriere, damit nur niemand ihre eigenen Forschungsergebnisse (und -gelder) in Zweifel ziehe. Aber wahrscheinlich sei die Behandlung zu einfach und lasse sich kein Geld damit verdienen.

Vom 10. Januar 2003 bis 31. Januar 2003 befand sich der Kläger auf K.; für die Behandlung nebst Reisekosten wandte er 11.564,- € auf.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hielt an ihrer Auffassung fest, die Kuba-Methode entspreche nicht dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur Behandlung seiner Erkrankung. Die Wirksamkeit der Methode sei bisher durch keine Studie belegt. Da zudem keine akute lebensbedrohliche Situation bestehe, komme eine Kostenübernahme nicht in Betracht.

Der Kläger hat am 27. Februar 2003 Klage auf Kostenerstattung beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben. Er hat vorgetragen, ihm müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen auch eine Therapie zur Verfügung stehen, die zumindest die Möglichkeit eines Heilerfolges biete. Seit den 90er Jahren seien Tausende von Patienten in K. operiert worden. Teilweise würden die Kosten von privaten Krankenversicherungen übernommen, auch in anderen europäischen Ländern wie in Italien würden die Kosten erstattet. Zur Stützung seines Vortrages hat er verschiedene Unterlagen, insbesondere Zeitungsartikel, zur Akte gereicht.

Die Beklagte hat auf Anregung des Gerichts ein weiteres Gutachten des MDK vom 19. Februar 2004 zur Akte gereicht. Dipl.-Med. S. hat im Wesentlichen ausgeführt, dass die dreiwöchige Behandlung in H. auf...

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