Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) in einer Klinik ohne herzchirurgische Fachabteilung. Verstoß gegen das Qualitätsgebot. kein Vergütungsanspruch des Krankenhauses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Jahr 2011 entsprach die Durchführung einer Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) in einer Klinik ohne herzchirurgische Fachabteilung nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.

2. Wegen Verstoßes gegen das allgemeine Qualitätsgebot begründet ein derartiger Eingriff keinen Vergütungsanspruch des Krankenhauses (vgl BSG vom 16.8.2021 - B 1 KR 18/20 R = SozR 4-2500 § 2 Nr 17).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.08.2023; Aktenzeichen B 1 KR 44/22 B)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 15. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung in Höhe von 33.648,99 EUR für die Implantation eines Herzklappenersatzes mit Hilfe einer Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI).

Die 1925 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte G. B. (nachfolgend: Versicherte) befand sich vom 18. bis 22. August 2011 und vom 05. bis 13. September 2011 unter der Diagnose einer mittel- bis hochgradigen Aortenklappenstenose bei multiplen Begleiterkrankungen (vorbekannt waren: eine Koronarsklerose, eine pulmonale Hypertonie, postkapillär, eine COPD Stadium III nach Gold, eine chronische Niereninsuffizienz, Stadium III nach NKS mit Zeichen eines Nierenparenchym beidseits in der Sonographie, eine absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern, ein arterieller Hypertonus mit hypertensiver Herzerkrankung) in vollstationärer Behandlung der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin der A.. Nach Auswertung der Befunde sowie des Risikoprofils der Versicherten wurde die Entscheidung gegen eine offen-chirurgische Versorgung und für die Durchführung einer TAVI getroffen. Da der Eingriff, der zunächst für den Zeitraum ab dem 18. August 2011 geplant gewesen war, aus kapazitiven Gründen nicht erfolgen konnte, wurde die Versicherte am 05. September 2011 erneut aufgenommen und bei ihr am 06. September 2011 eine TAVI in Kooperation mit der Herzchirurgie des Klinikums Karlsburg durchgeführt.

Die Klägerin berechnete der Beklagten hierfür nach einer Fallzusammenführung mit Endabrechnung vom 21. Oktober 2011 auf der Grundlage der Fallpauschale DRG F98Z (Endovaskuläre Implantation eines Herzklappenersatzes oder transapikaler Aortenklappenersatz) einen Gesamtbetrag von 33.648,99 EUR. Die Beklagte lehnte die Zahlung mit der Begründung ab, dass die Leistung nicht vertraglich vereinbart gewesen sei.

Die Klägerin hat am 29. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht Stralsund erhoben und Folgendes geltend gemacht:

Maßgeblich für das Entstehen eines Vergütungsanspruches nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nummer 1 KHEntgG sei der bestehende Versorgungsauftrag. Dieser ergebe sich bei einem Plankrankenhaus gemäß § 108 Nr. 2 SGB V aus den Festlegungen des Krankenhausplanes in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung nach § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 3 KHG sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V (§ 8 Abs. 1 Satz 4 Nummer 1 KHEntgG). Bei einer Hochschulklinik gemäß § 108 Nummer 1 SGB V ergebe sich der Versorgungsauftrag aus der Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften, dem Krankenhausplan nach § 6 Abs. 1 KHG sowie einer ergänzenden Vereinbarung nach § 109 Abs. 1 Satz 4 SGB V. Die A. sei gemäß des 4. Krankenhausplanes in Verbindung mit dem aktuell gültigen Feststellungsbescheid vom 10. Juni 2011 unter anderem mit dem Fachgebiet Innere Medizin/Kardiologie ausgewiesen. Wie dem Feststellungsbescheid zu entnehmen sei, sei das Krankenhaus zum maßgeblichen Zeitpunkt mit 194 Betten für Innere Medizin in den Krankenhausplan des Landes M-V aufgenommen gewesen. Der damit erteilte Versorgungsauftrag sei hinreichende Grundlage für die Erbringung der streitigen Leistung als minimalinvasive Implantation einer Aortenklappe mittels TAVI.

Das Verfahren werde seit etwa 10 Jahren auch in Deutschland durchgeführt und stelle adaptiert an die Risikoeinstufung des jeweiligen Patienten eine Alternative für das Erkrankungsbild einer hochgradigen Aortenklappenstenose dar, insbesondere wenn ein hohes Risiko für die konventionelle offen-chirurgische Operation bestehe. Die kathetergestützte Implantation eines Aortenklappenersatzes führe seit dem Jahre 2011 regelhaft zur Fallpauschale DRG F98Z. Die TAVI zähle zum Versorgungsauftrag des Fachgebietes Innere Medizin/Kardiologie. Der entsprechende Krankenhausplan für das Land M-V enthalte bezüglich der Orientierung der Inhalte der einzelnen Fachgebiete den expliziten Planungsgrundsatz, dass sich die Planung an der maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Landesärztekamm...

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