Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Versicherten zur Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte mit Lichtbild

 

Orientierungssatz

1. Die Verpflichtung des Versicherten zur Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) mit Lichtbild ergibt sich aus den §§ 15 und 291 SGB 5. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß (BSG Urteil vom 18. 11. 2014, B 1 KR 35/13 R).

2. Den datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Speicherung des Lichtbilds wird dadurch Rechnung getragen, dass die Speicherung der zur Ausstellung der eGK eingereichten Lichtbilder nach Übermittlung der Karte in den Herrschaftsbereich der Versicherten zu unterlassen ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 10.11.2021; Aktenzeichen B 1 KR 86/20 B)

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der 1963 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger begehrt die Ausstellung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ohne Lichtbild.

Die Gültigkeit seiner im Jahr 2014 noch ohne Lichtbild von der Beklagten ausgestellte eGK der ersten Generation lief am 31. Dezember 2018 aus. Mit E-Mail vom 28. Dezember 2018 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm eine neue eGK ohne Lichtbild zur Verfügung zu stellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Januar 2019 unter Hinweis auf die bestehende Rechtslage ab. Die Ausstellung einer provisorischen Ersatzbescheinigung komme mangels Mitwirkung des Klägers nicht mehr in Betracht (Hinweis auf § 15 Abs. 6 S. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)). Hiergegen legte der Kläger am 15. Januar 2019 Widerspruch ein, rügte insbesondere eine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und machte datenschutzrechtliche Bedenken geltend.

Am 18. Januar 2019 leitete der Kläger ein Eilverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg ein mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, ihm eine eGK ohne Lichtbild auszuhändigen (S 25 KR 182/19 ER). Der Antrag blieb erfolglos (ablehnender Beschluss vom 13. Februar 2019). Zur Begründung führte das SG unter anderem aus, dass sich die Verpflichtung zur Nutzung der eGK mit Lichtbild aus den §§ 15 und 291 SGB V ergebe. Die in § 291 Abs. 2 S. 4 und 5 SGB V vorgesehenen Ausnahmen griffen im Fall des Klägers nicht. Insbesondere sei weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass ihm die Mitwirkung bei der Erstellung des Lichtbildes nicht möglich sei. Der Verweis auf eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung genüge nicht, um Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der genannten Rechtsgrundlagen zu hegen. Ein Anspruch auf Befreiung von der Einführung der eGK bestehe auch nicht vor dem Hintergrund einer befürchteten Unsicherheit bei der Datenspeicherung. Die Rechtsordnung schütze die betroffenen Daten vor dem unbefugten Zugriff Dritter und von missbräuchlicher Nutzung. Die Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluss blieb erfolglos. Ergänzend zu den Ausführungen der Kammer 25 des SG wies der erkennende Senat in seinem zurückweisenden Beschluss vom 7. März 2019 (L 1 KR 21/19 B ER) darauf hin, dass das Gesetz hinsichtlich der Unmöglichkeit, sich das Lichtbild selbst zu beschaffen, nicht an subjektive Gesichtspunkte, sondern an eine objektive Unmöglichkeit anknüpfte. Dies sei etwa bei bettlägerigen Versicherten, bei Aufenthalt in geschlossenen Einrichtungen und in vergleichbaren Fällen der Fall. Bedenken hinsichtlich des Umgangs mit Daten bedingten nicht eine derartige objektive Unmöglichkeit. Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Regelung sei bereits höchstrichterlich bestätigt worden (Hinweis insbesondere auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18. November 2014 - B 1 KR 35/13 R). Nachdem die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2019 zurückgewiesen hatte, hat der Kläger am 25. März 2019 Klage beim SG Hamburg erhoben, das diese nach diesbezüglicher Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2020 als unbegründet abgewiesen hat. Der angegriffene Bescheid vom 2. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2019 sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Ausstellung einer eGK ohne Lichtbild. Das Gericht folge insoweit der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 5. März 2019 und sehe gemäß § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend nehme es Gericht auf die im Eilverfahren ergangenen Beschlüsse der Kammer 25 vom 13. Februar 2019 und des Landessozialgerichts (LSG) vom 7. März 2019 Bezug. Zu Recht werde darin darauf hingewiesen, dass die Rechtsgrundlage zur Einführung der eGK der zweiten Generation nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu beanstanden ist. Der Kläger trage im Hauptsacheverfahren keine neuen Argumente vor, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben würden. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine der in § 291 Abs. 2 S. 4 und 5 SGB ...

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