Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Mitgliedschaft. Kassenwahlrecht. obligatorische Weiterversicherung. Versicherungspflichttatbestand

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist die frühere Mitgliedschaft in einer Krankenkasse gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V von Gesetzes wegen beendet worden und die Mindestbindungsfrist für die Mitgliedschaft in der früheren Kasse abgelaufen, besteht ein neues Kassenwahlrecht des Versicherten unabhängig von der Erklärung einer Kündigung und der Vorlage einer Kündigungsbestätigung.

 

Normenkette

SGB V § 5 Abs. 1 Nrn. 2a, 13, § 190 Abs. 13 Nr. 1, § 174 Abs. 5

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 23. November 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage gegen die Beklagte zu 2. abgewiesen wird und die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen wie folgt zu tragen sind: Die Klägerin und die Beklagte zu 1. tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Die Beklagte zu 1. trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten zu 2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung der Krankenhausbehandlung des inzwischen verstorbenen B. im Zeitraum 5. Oktober 2012 bis 6. November 2012, wobei streitig ist, bei welcher der beklagten Krankenkassen der Patient im Behandlungszeitraum versichert war. Für den von der Klägerin stationär behandelten 33jährigen Patienten bestand seit Januar 2005 eine Mitgliedschaft bei der Beklagten zu 2), zuletzt jedenfalls bis 31. Januar 2010 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V. Bis zu diesem Zeitpunkt bezog der Versicherte Arbeitslosengeld II. Offensichtlich weil der Versicherte nicht mehr erreichbar war, stellte das JobCenter mit Ablauf des 31. Januar 2010 die Leistungen ein. Am 16. November 2010 meldete sich der Versicherte erneut beim JobCenter und gab dabei an, er habe die letzten Monate bei seiner Mutter in L. verbracht und habe keine Krankenversicherung.

Mit Schreiben vom 15. November 2010 bestätigte die Beklagte zu 1), dass der Versicherte sie als Krankenkasse gewählt habe und führte vom 8. November 2010 bis 30. April 2012 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II eine Pflichtmitgliedschaft durch. Danach endete der Bezug von Arbeitslosengeld II durch den Versicherten.

Am 5. Oktober 2012 wurde der Versicherte in die Klink der Klägerin eingeliefert und gab dabei an, bei der Beklagten zu 1) versichert zu sein. Im Rahmen der stationären Behandlung, die bis zu seinem Tod am … 2012 andauerte, entstanden Kosten in Höhe von 73.167,89 EUR.

Am 20. Februar 2013 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit, dass eine Mitgliedschaft des Patienten nur bis zum 30. April 2012 bestanden habe und wegen einer entsprechenden Abmeldung durch das Jobcenter geendet habe. Am 26. Februar 2013 übersandte die Klägerin die streitige Krankenhausrechnung an die Beklagte zu 1).

Mit Schreiben vom 22. März 2013 mahnte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Bezahlung der Rechnung an und vertrat die Auffassung, es habe ab dem 1. Mai 2012 eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestanden Nachdem keine Zahlung erfolgte, erhob die Klägerin Klage zunächst gegen die Beklagte zu 1), welche sie später erweiterte und auch gegen die Beklagte zu 2) richtet, jeweils mit dem Begehren auf Zahlung der Behandlungskosten in Höhe von 73.167,89 EUR. Mit Gerichtsbescheid vom 23. November 2016 hat das Sozialgericht der Klage gegen die Beklagte zu 1) im Hauptausspruch voll und hinsichtlich der Zinsen zum Teil stattgegeben und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte zu 1) habe für den Patienten im Zeitraum vom 8. November 2010 bis 30. April 2012 eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V auf Grund der entsprechenden Anmeldung des Jobcenters tatsächlich durchgeführt. Sie könne sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, dass an sich die Beklagte zu 2) für diese Pflichtversicherung zuständig gewesen wäre. Zwar habe diese bis 31. Januar 2010 eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II durchgeführt und damit habe auch für den anschließenden Zeitraum bis 7. November 2012 die obligatorische Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bei ihr bestanden.

Für den Zeitraum ab 8. November 2010 habe der Patient jedoch die Beklagte zu 1) als zuständige Krankenkasse gewählt. Dies ergebe sich aus der entsprechenden Bestätigung der Beklagten zu 1) vom 5. November 2010, die der Patient dem Jobcenter vorgelegt habe. Zu dieser Wahl sei er auch befugt gewesen. Gemäß § 190 Abs. 13 Nr. 1 SGB V sei mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II die Versicherungspflicht des Patienten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beendet worden, da ab 8. November 2010 ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nunmehr nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V bestanden habe. Wegen der Beendigung der Mitgliedschaft nach § 190 Abs. 13 SGB V sei grundsätzlich in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG eine Kündigung weder notwendig noch mögl...

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