nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragspflicht von Sonderzuwendungen, die nicht gezahlt aber geschuldet sind. Zuflussprinzip. Entstehungsprinzip

 

Leitsatz (redaktionell)

Tatsächlich nicht geflossene aber zum Beispiel tarifvertraglich geschuldete Einmalzahlungen (sog. Sonderzuwendungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) sind bis Ende 2002 dem monatlichen Entgelt rechnerisch zuzuschlagen. Der Beitragserhebung ist nicht nur das tatsächlich erzielte (‚zugeflossene’), sondern das geschuldete Arbeitsentgelt, zu dem auch die Sonderzuwendungen gehören, zugrundezulegen. Die Entstehung von Beitragsansprüchen hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber das Entgelt tatsächlich auszahlt. Vielmehr ist ausreichend, dass zum Fälligkeitszeitpunkt der Beiträge ein Entgeltanspruch bestand. Der Gesetzgeber ist zwar mittlerweile für die Beitragserhebung auf Sonderzahlungen zum Zuflussprinzip übergegangen, aus der gesetzlichen Neuregelung folgt aber gleichzeitig, dass für Einmalzahlungen bis Ende 2002 das Entstehungsprinzip gilt. Schließlich kommt es für die Entstehung der Beitragspflicht auf die Geltendmachung der Ansprüche durch die Arbeitnehmer nicht an.

 

Normenkette

SGB IV §§ 8, 22

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Entscheidung vom 20.08.2003; Aktenzeichen S 10 RA 548/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. August 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Hinblick auf tatsächlich nicht ausgezahlte Sonderzuwendungen an geringfügig Beschäftigte im Geltungsbereich eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages im Hamburger Einzelhandel streitig.

Die Klägerin betreibt als Franchisenehmerin eine selbständige Filiale der B. B. m. A. AG in Hamburg. Auf Grund einer im Februar des Jahres 2000 nach § 28 p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch IV - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) für den Zeitraum vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1999 durchgeführten Betriebsprüfung forderte die Beklagte nach entsprechender Anhörung der Klägerin für insgesamt 22 Beschäftigte mit Bescheid vom 13. Juni 2000 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für 1996 und 1997 in Höhe von insgesamt 49.008,56 DM nach. Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass diese von der Klägerin als geringfügig beschäftigt geführten Arbeitnehmerinnen wegen eines tariflichen Anspruches auf Urlaubsgeld und Sonderzuwendung der Sozialversicherungspflicht unterlägen. Der individuelle Lohnanspruch übersteige bei Hinzurechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld jeweils die Geringfügigkeitsgrenze. Dabei komme es nicht darauf an, ob den Arbeitnehmerinnen das Entgelt jeweils zugeflossen sei. Bei Einmalzahlungen sei die Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung davon abhängig, ob der weitere Geldbetrag schon während der Zeit, für welche die Beiträge verlangt werden, geschuldet worden sei. Diese Sichtweise stehe in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie sie in der Entscheidung vom 30.08.1994 - 12 RK 59/92 - zum Ausdruck komme.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung aus, es seien zwar die Angaben der Beklagten zu den beschäftigten Mitarbeiterinnen zutreffend. Zutreffend sei auch, dass die entsprechenden Tarifverträge allgemeinverbindlich seien und dass hiernach Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu zahlen sei. Jedoch sei im Manteltarifvertrag zur Geltendmachung der Ansprüche eine Ausschlussfrist enthalten. Unzutreffend werde in dem Bescheid auch davon ausgegangen, dass auf Grund Zurechnung des an die Mitarbeiterinnen zu zahlenden Urlaubs- sowie Weihnachtsgeldes die Geringfügigkeitsgrenze überschritten werde. Die insoweit herangezogene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei rechtlich nicht haltbar. Im vorliegenden Falle sei nämlich von den Beschäftigten beabsichtigt gewesen, die Ansprüche auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld nicht geltend zu machen, um nicht in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis gedrängt zu werden. Dies sei über mehrere aufeinander folgende Zahlungszeiträume hinweg stetig geschehen, so dass nicht habe davon ausgegangen werden können, dass Zahlungen mit hinreichender Sicherheit regelmäßig zu erwarten waren. Es verbiete sich deshalb eine Verteilung der Sonderzahlungen auf die übrigen Beitragsmonate mit der Konsequenz des Überschreitens der Geringfügigkeitsgrenzen.

Die Klägerin hat, nachdem ihr Widerspruch durch Bescheid vom 10. Oktober 2000 zurückgewiesen worden war, ihr Anfechtungsbegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiterverfolgt.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit aufgehoben, als von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge für das Jahr 1997 gefordert wurden. Das Sozialgericht hat der Klage durch Urteil vom 20. August 2003 stattgegeben und...

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