Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Wohnungserstausstattung. bedarfsbezogene Auslegung. Abgrenzung zur Ersatzbeschaffung. Waschmaschine

 

Orientierungssatz

1. Der Begriff der Erstausstattung ist bedarfsbezogen zu verstehen (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R = BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2 und vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R = SozR 4-4200 § 23 Nr 5). Für seine Auslegung ist entscheidend, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist, wobei eine Erstausstattung auch durch einen neuen Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände begründet sein kann.

2. Der Begriff der Erstausstattung ist abzugrenzen vom Erhaltungs- bzw Ergänzungsbedarf und vom Ersatz defekter Gegenstände.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 26. Juni 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung der Kosten für die Anschaffung einer Waschmaschine aus Mitteln des Sozialgesetzbuches Zweites Buch - SGB II -.

Der 1959 geborene alleinstehende Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Zuvor erhielt er vom Sozialamt Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Im Jahre 2001 ist der Kläger nach jahrelanger Obdachlosigkeit in die von ihm bis heute bewohnte Wohnung im W.-Weg eingezogen. Der Kläger ist aufgrund jahrelangen Drogenmissbrauchs schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70%, unter anderem ist er gehbehindert.

Am 18. September 2007 hat der Kläger bei dem Beklagten die Kostengewährung für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine beantragt. Mit Bescheid vom 21. September 2007 wurde dieser Antrag abgelehnt. Es handele sich bei der begehrten Waschmaschine um keinen Fall der Erstausstattung für die Wohnung bzw. von Haushaltsgeräten des Klägers. Die Kosten für eine Waschmaschine könnten ihm allenfalls im Darlehenswege gewährt werden.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2007 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine Waschmaschine nicht zur Erstausstattung einer Wohnung gehöre. Der Kläger hat am 12. November 2007 gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben. Die Waschmaschine benötige er unbedingt, da er gehbehindert sei und Rheuma habe, weshalb er weder zum Waschsalon gehen könne, noch mit der Hand seine Wäsche waschen könne. Eine darlehensweise Gewährung helfe ihm nicht weiter, da er kein Geld habe, das Darlehen zurückzuzahlen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 26. Juni 2008 hat der Kläger berichtet, dass ihm das Sozialamt im Jahre 2001 die Anschaffung einer Waschmaschine ermöglicht habe, diese aber 2003 kaputt gegangen sei und er seither seine Waschmaschine nicht mehr nutzen könne. Seither wasche er seine Sachen bei einer Nachbarin oder per Hand, das ginge nun aber aus Gesundheitsgründen nicht mehr, da er wegen seiner Gehbehinderung einen Waschsalon nicht aufsuchen könne, dieser sei ihm aber ohnehin auch zu teuer.

Das Sozialgericht hat den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger die Anschaffungskosten für eine Waschmaschine in angemessener Höhe, hilfsweise die Waschmaschine als Sachleistung zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei dem klägerischen Begehren um einen Fall der Erstausstattung handele, da diese nicht rein zeitlich, sondern auch bedarfsbezogen zu verstehen sei. Ein notwendiges Haushaltsgerät wie eine Waschmaschine stelle in einer ansonsten eingerichteten Wohnung als erstmalige Anschaffung einen Fall der Erstausstattung für die Wohnung dar. Auch gehöre eine Waschmaschine in einem Ein-Personen-Haushalt als notwendige hauswirtschaftliche Hilfe zum notwendigen Wohnbedarf. Hier handele sich um eine Erstausstattung aufgrund außergewöhnlicher Umstände. Der Wechsel vom Sozialhilfebezug in den Bezug von Arbeitslosengeld II sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Waschmaschine nicht mehr vorhanden gewesen sei. Seine Gesundheit lasse ein Waschen in der Badewanne nicht mehr zu, im Waschsalon sei es zu teuer und er könne diesen aufgrund seiner Behinderung auch nicht aufsuchen. Da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes beim Kläger eine Waschmaschine nicht vorhanden gewesen sei, handele es sich um eine Erstausstattung im Sinne des Gesetzes. Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Das Urteil wurde dem Kläger am 17. Oktober 2008 zugestellt.

Am 30. Oktober 2008 hat der Beklagte die vorliegende Berufung eingelegt und beantragt das Urteil des Sozialgerichts vom 26. Juni 2008 aufzuheben. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, dass die Auffassung des Sozi...

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