Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherungsfreiheit wegen zeitgeringfügiger Beschäftigung. Reinigungskraft, die "immer wieder" zu Reinigungseinsätzen in einer Ferienwohnung herangezogen wird. Fehlen eines erkennbaren Rhythmus oder bestimmbaren Arbeitszyklus

 

Orientierungssatz

Zum Vorliegen einer zeitgeringfügigen Beschäftigung im Sinne von § 8 Abs 1 Nr 2 SGB 4 bei einer Reinigungskraft, die ohne erkennbaren Rhythmus oder bestimmbaren Arbeitszyklus "immer wieder" zu Reinigungseinsätzen in einer Ferienwohnung herangezogen wird.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 23.07.2018; Aktenzeichen B 12 R 73/17 B)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. September 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2010 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen dem Kläger und der Beigeladenen ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) oder ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV besteht.

Der Kläger ist Eigentümer einer Ferienwohnung in F., die er an Feriengäste vermietet. Die Beigeladene führt dort seit 2007 die Reinigung der Wohnung durch, bevor die jeweiligen Mieter einziehen, und wurde vom Kläger zu Beginn als kurzfristig Beschäftigte angemeldet. Mit Schreiben vom 21. April 2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Anmeldung länger als ein Jahr zurückliege, sodass die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung allem Anschein nach nicht mehr gegeben seien. Er möge daher prüfen, ob eine regelmäßige oder kurzzeitige oder sogar eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliege und die entsprechenden Meldungen nachholen. Für den Fall von sporadischen kurzfristigen Beschäftigungen seien die einzelnen Arbeitseinsätze jeweils an- und abzumelden. Nicht ausreichend sei nur eine Anmeldung bei erstmaliger Beschäftigung. Da eine Abmeldung weiterhin nicht erfolgte, ging die Beklagte von einer regelmäßigen - also entgeltgeringfügigen - Beschäftigung aus und verlangte (aufgrund fehlender Beitragsnachweise) geschätzte Beiträge in Höhe von 2,70 € monatlich. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und vertrat die Auffassung, dass die Beigeladene kurzfristig beschäftigt werde und Beitragsnachweise daher nicht zu übersenden seien.

Mit Bescheid vom 17. September 2009 stellte die Beklagte fest, dass die Beigeladene im Rahmen einer Dauerbeschäftigung regelmäßig beschäftigt werde und es sich daher um ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis handele. Des Weiteren forderte sie den Kläger auf, “die kurzfristige Beschäftigung zum 31. Dezember 2007 zu beenden und ab dem 1. Januar 2008 als geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis neu anzumelden„. Entsprechende Beiträge seien bis zum 25. September 2009 nachzuentrichten. Sofern keine Beitragsnachweise eingereicht würden, werde die Höhe der Beiträge weiterhin geschätzt.

Der Kläger erhob dagegen Widerspruch und führte aus, der angefochtene Bescheid sei bereits unzulässig, da die Beklagte nicht befugt sei, ihm eine bestimmte Anmeldung vorzuschreiben. Vielmehr könne sie selbst eine von ihr als unzutreffend erachtete Statusbestimmung des Arbeitgebers abändern und die sich hieraus ergebenden Konsequenzen ziehen. Der Bescheid sei auch materiell-rechtlich unzutreffend, denn es handele sich vorliegend um den klassischen Fall einer kurzfristigen Beschäftigung. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Beschäftigung regelmäßig oder nicht regelmäßig ausgeübt werde, da dies den gesetzlichen Regelungen nicht zu entnehmen sei. Ausschlaggebend für die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sei vielmehr allein, ob sich die Beschäftigung innerhalb der gesetzlich vorgegebenen zeitlichen Intensität bewege. Darüber hinaus liege auch keine regelmäßige Beschäftigung vor, da der Arbeitseinsatz der Beigeladenen in keiner Weise vorhersehbar sei. Sie reinige die Wohnung an etwa acht bis zwölf Tagen im Jahr. Eine Reinigung dauere üblicherweise drei, zu Saisonbeginn vier bis fünf Stunden. Der vereinbarte Stundenlohn liege bei 10 €. Zwischen den Reinigungen lägen in der Hochsaison eine bis drei Wochen und außerhalb der Saison bis zu sechs Monaten. Der Arbeitseinsatz sei daher in keiner Weise vorhersehbar.

Nach weiterem Schriftwechsel wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2010 zurück.

Mit seiner dagegen am 24. März 2010 erhobenen Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Juni 2015 abgewiesen und ausgeführt, es komme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Unterscheidung der beiden Fallgruppen darauf an, ob eine regelmäßige Beschäftigung vorliege. Davon sei vorliegend auszugehen, denn es handele sich um ein...

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