Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung für die Vergangenheit. Nichtmitteilung einer Zwischenbeschäftigung. Begrenzung des Erlöschens der Wirkung der Arbeitslosmeldung auf 3 Monate aufgrund planwidriger Regelungslücke. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Erlöschenswirkung des § 122 Abs 2 Nr 2 SGB 3 ist auf einen Zeitraum von drei Monaten begrenzt.

 

Orientierungssatz

Zur rückwirkenden Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung für ca 10 Monate wegen Nichtmitteilung der Aufnahme einer kurzzeitigen Zwischenbeschäftigung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.06.2006; Aktenzeichen B 7a AL 76/05 R)

 

Tenor

Der Gerichtsbescheid vom 26. April 2002 sowie der Bescheid vom 21. März 2001 und der Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2001 werden dahin geändert, dass die Aufhebung und Erstattung auf die Zeit bis zum 24. Dezember 1999 begrenzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und die Erstattung erbrachter Leistungen.

Nach einem länger andauernden Leistungsbezug und nach dem Ende eines Bewilligungszeitraums bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 10. September 1999 ab 1. September 1999 für ein weiteres Jahr Arbeitslosenhilfe in Höhe von DM 219, 80 wöchentlich, die zum 1. Januar 2000 durch Bescheid vom 4. Januar 2000 auf DM 224,70 erhöht wurde.

Bereits am 2. September 1999 hatte der Kläger auf entsprechende Einladung persönlich bei der Beklagten, d.h. bei seinem Arbeitsberater W., vorgesprochen. In dem von diesem darüber aufgenommenen Beratungsvermerk („BewA”) heißt es hierzu u.a. : ‚ ...zur Klärung der Vfg.-barkeit ...Herr St. erklärt dazu, dass es sich hierbei (zur Erläuterung: gemeint sind die dem Fortzahlungsantrag beigefügten Saldenlisten und Betriebswirtschaftsberechnungen) um die von ihm gehaltene Gewerbeanmeldung handelt... Er beschäftigt dort (Maniküreladen) ledigl. seine Mutter. Nebeneinkommen bzw. Nebenverdienst wird auf Nachfrage verneint. Vfg.-barkeit ist nicht zweifelhaft.’

Ausweislich der Beratungsvermerke kam es in der Folgezeit zur Übersendung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Vermerk vom 1. Dezember 1999) und zur Anforderung eines ‚Ausdrucks Bild 8/2’ für Bewerbungen des Klägers (Vermerk vom 29. Februar 2000), nicht jedoch zu persönlichen Kontakten zwischen der Beklagten und dem Kläger.

Erst am 26. Juli 2000 erschien der Kläger auf Einladung erneut bei seinem Arbeitsberater W., welcher hierzu vermerkte: ‚Anlaß: nicht nachvollziehbar. Besprechung der berufl. Situation. Hat ang. jetzt im Gleisbau gearbeitet?... Nach Zugriff auf Bewa; keinerlei A.-aufnahme vermerkt. Erneut eingeladen.’

In dem nachfolgenden Beratungsvermerk vom 11. August 2000 heißt es: ‚...Zu seiner Aussage vom 260700 befragt, erklärt Hr.St. daß er im Sept. des letzten Jahres 14 Tage bei einer Gleisbaufirma ‚S.’ ? im Raum H. gearbeitet hat. An genaue Daten kann er sich nicht erinnern. Er habe dort ohne Papiere gearbeitet....Die A.-aufnahme wurde nicht angezeigt. Es bedarf einer erneuten A.losmeldung/Antragstellung. ’

Als Zeitraum der Beschäftigung wurde die Zeit vom 11. bis 24. September 1999 erfasst.

Im Rahmen des am 28. August 2000 bei der Beklagten eingegangenen Wiederbewilligungsantrags gab der Kläger an, sechs Tage auf Probe gearbeitet zu haben.

Mit Schreiben vom 15. September 2000 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rückforderung der Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 11. September 1999 bis zum 25. Juli 2000 an. Der Kläger äußerte sich dahingehend, ihm sei im Sommer 1999 eine Arbeit als Gleisbauer versprochen worden. Er habe vier Tage auf Probe arbeiten sollen; tatsächlich habe er nur drei Tage gearbeitet. Er sei sich keiner Schuld bewusst gewesen und wisse nun für die Zukunft Bescheid.

Mit Bescheid vom 21. März 2001 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab dem 11. September 1999 nach § 48 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - SGB X ganz auf und forderte die Erstattung der in der Zeit bis zum 25. Juli 2000 erbrachten Leistungen in Höhe von DM 10.152, 50. Der Kläger habe ab dem 11. September 1999 in einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis gestanden und sich erst am 26. Juli 2000 wieder persönlich beim Arbeitsamt gemeldet.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe bei einer Firma namens S. drei Tage auf Probe gearbeitet, weil man ihm einen Arbeitsvertrag versprochen habe. Er habe aber nicht gewusst, dass er dies der Beklagten hätte mitteilen sollen und entschuldige sich hiermit für seine Unwissenheit.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2001, der einen Ab-Vermerk vom 20. Juni 2001 trägt, wies die Beklagte den Widerspruch - unter Abänderung der Rechtsgrundlage der Aufhebung auf § 45 SGB X sowie des Erstattungsbetrages auf DM 10.277, 12 - zurück.

Die Verwal...

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