Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht. Spätaussiedler. Zusammentreffen von Hinterbliebenenrente mit eigener Rente. Begrenzung der anrechenbaren Zeiten auf 25 Entgeltpunkte

 

Orientierungssatz

1. Die in § 22b Abs 1 S 1 FRG vorgesehene Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte betrifft nicht nur Versicherte, die verschiedene Rechte auf Rente aus eigener Versicherung haben. Sie ist auch dann anwendbar, wenn einem Begünstigten neben einem Recht auf Rente aus eigener Versicherung noch ein aus der Versicherung des verstorbenen Ehegatten abgeleitetes Recht auf eine Hinterbliebenenrente zusteht (entgegen BSG vom 30.8.2001 - B 4 RA 118/00 R = BSGE 88, 288 = SozR 3-5050 § 22b Nr 2).

2. Der Senat geht weiterhin davon aus, dass es sich bei der durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz - RVNG) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1791) nunmehr erfolgten Klarstellung in Bezug auf § 22b FRG um keine materielle Rechtsänderung handelt und damit auch das Problem der Zulässigkeit einer echten Rückwirkung nicht bestehe (entgegen BSG vom 11.3.2004 - B 13 RJ 44/03 R = BSGE 92, 248 = SozR 4-5050 § 22b Nr 1).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Fortzahlung einer Witwenrente neben der Rente aus eigener Versicherung ohne eine Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte nach § 22 b Fremdrentengesetz (FRG).

Die ... 1932 in der früheren Sowjetunion geborene Klägerin ist die Witwe des ... 1931 ebenfalls in der Sowjetunion geborenen und ... 1990 verstorbenen S G. Die Ehe wurde am 11.03.1962 geschlossen und bestand bis zum Tod des Versicherten. Die Klägerin siedelte im Dezember 1999 in die Bundesrepublik Deutschland über. Die Klägerin ist als Spätaussiedlerin nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt.

Am 31.03.2000 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben bezieht die Klägerin eine Rente aus eigener Versicherung durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA).

Mit Bescheid vom 11.07.2001 wurde der Anspruch auf große Witwenrente aus der Versicherung des verstorbenen Ehemanns S G ab dem 18.12.1999 dem Grunde nach anerkannt. Weiter wurde jedoch ausgeführt, die Rente werde nicht gezahlt. Dies wurde damit begründet, ein Teilbetrag ergebe sich nicht, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG vorrangig in der Rente aus ihrer eigenen Versicherung zu berücksichtigen seien. Mit weiterem Bescheid vom 27.08.2001 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die große Witwenrente neu festgestellt werde. Die Rente beginne am 18.12.1999. Ab dem 01.10.2001 würden monatlich 114,28 DM gezahlt. Für die Zeit vom 18.12.1999 bis zum 30.09.2001 betrage die Nachzahlung 2.411,27 DM. Weiter wurde ausgeführt, die Rente werde neu berechnet aufgrund Neubestimmung der Entgeltpunkte (§ 22 b FRG). Zuvor war der Beklagten der Bescheid der BfA vom 14.08.2001 übersandt worden, woraus sich 20,501 fremdrentenrechtlich begründeten Entgeltpunkte der Klägerin aus eigener Versicherung ergaben.

Mit Eingang vom 10.09.2001 legte die Klägerin über ihre Bevollmächtigten Widerspruch ein, mit dem sie auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Az.: B 4 RA 118/00R, Bezug nahm. Weiter wurde ausgeführt, eine Beschränkung auf 25 Entgeltpunkte insgesamt sei nach dieser Entscheidung des BSG nicht zulässig. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2002 zurückgewiesen, wobei die Beklagte ausführte, der Entscheidung des BSG werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt, da aus den gesetzlichen Bestimmungen keine Gründe ersichtlich seien, die einer Kürzung der FRG-Entgeltpunkte in der Hinterbliebenenrente beim Zusammentreffen mit einer Versichertenrente entgegenstünde.

Auf die am 22.10.2002 eingelegte Klage hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) mit Gerichtsbescheid vom 02.04.2003 den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die der Klägerin gewährte große Witwenrente unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer und der Rechtsprechung des BSG in dem Urteil vom 30.08.2001 - B 4 RA 118/00R - ohne die Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte nach § 22 b FRG neu zu berechnen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, das BSG habe in der genannten Entscheidung festgestellt, dass § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht zu entnehmen sei, dass ein Berechtigter als Inhaber mehrerer Rechte auf Rente ausnahmslos nur die Berücksichtigung von höchstens 25 Entgeltpunkten nach dem FRG begehren könne. Der auf der Grundlage von höchstens 25 Entgeltpunkten für FRG-Zeiten ermittelte monatliche Wert einer derartigen Rente liege aber stets und ausnahmslos höchstens unterhalb des durchschnittlichen Bedarfs an sozialrechtlicher Hilfe zum Lebensunterhalt. Das BSG habe in der angeführten Entscheidung § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG so verstanden, dass der bereits eingetretene Verbrauch der nach dem FRG höchstens berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte nur Versichert...

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