Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 22.08.2002; Aktenzeichen S 3 U 74/02)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.09.2004; Aktenzeichen B 2 U 46/03 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 22.08.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein von der Klägerin im Rahmen von Pflegeleistungen erlittener Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Die im Jahre 1944 geborene Klägerin ist Pflegeperson ihres Vaters W. K., der Leistungen nach Pflegestufe I aus der Sozialen Pflegeversicherung erhält. Am 25.07.2001 stürzte die Klägerin auf dem Heimweg von der Pflegetätigkeit mit dem Fahrrad. Dabei zog sie sich eine Trümmerfraktur des linken Humeruskopfes zu.

Im Verlauf ihrer Ermittlungen zog die Beklagte ein am 05.01.2000 erstattetes Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung im Saarland (MDK) bei und hörte die Klägerin zum Umfang der von ihr für ihren Vater erbrachten Pflegeleistungen an.

Durch Bescheid vom 06.12.2001 lehnte sie die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Klägerin sei nicht als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert, da sie zu ihrem Vater nicht in einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne dieser Vorschrift stehe. Des Weiteren bestehe auch kein Versicherungsschutz im Rahmen des Haushalts nach § 2 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Personen, die – wie die Klägerin – als Verwandte oder Verschwägerte bis zum II. Grad der haushaltführenden Person in deren Haushalt unentgeltlich tätig seien und grundsätzlich nach dieser Vorschrift versichert wären, seien gemäß § 4 Abs. 4 SGB VII von dieser Versicherung ausgeschlossen. Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII komme ebenfalls nicht in Betracht, da die Klägerin nicht zum Kreis der Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI gehöre. § 19 SGB XI setze u.a. voraus, dass die Pflege der pflegebedürftigen Person mindestens 14 Stunden wöchentlich in Anspruch nehme. Dieser geforderte Pflegeumfang sei nach dem Gutachten des MDK und nach den getroffenen Feststellungen nicht gegeben. Demzufolge sei Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift zu verneinen.

Den Widerspruch der Klägerin, den diese damit begründete, dass auch eine Pflegetätigkeit mit einem anerkannten wöchentlichen Zeitaufwand von 10,5 Stunden versicherte Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sei, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10.04.2002 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII mache deutlich, dass nur Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI als Versicherte im Sinne dieser Vorschrift in Betracht kämen. § 19 SGB XI enthalte eine Legaldefinition des Begriffs der (ehrenamtlichen) Pflegeperson und knüpfe den in § 44 SGB XI konkretisierten sozialrechtlichen Schutz der Pflegepersonen an eine wöchentliche Mindestpflegezeit von 14 Stunden. Die Vorschrift stehe somit im Wesentlichen in Zusammenhang damit, dass das SGB XI nicht nur das Pflegefallrisiko absichere, sondern auch den sozialrechtlichen Schutz der Personen verbessere, die nicht erwerbsmäßig (ehrenamtlich) pflegten, und zwar durch deren Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Beitragszahlung, durch die beitragsfreie Einbeziehung in die gesetzliche Unfallversicherung sowie durch Förderungsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit bei Rückkehr ins Erwerbsleben nach beendeter Pflegetätigkeit. Damit trage der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung, dass die häusliche Pflege meist nicht im Rahmen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, sondern im häuslichen Umfeld von Angehörigen und Nachbarn – hauptsächlich von Ehefrauen und Töchtern – geleistet werde und häufig mit dem Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit und eine hieran anknüpfende eigene Alterssicherung verbunden sei. § 19 Satz 1 SGB XI definiere den Begriff der Pflegepersonen durch die drei Merkmale „Pflege eines Pflegebedürftigen”, „Nichterwerbstätigkeit der Pflege” und „Pflege in häuslicher Umgebung”. Voraussetzung für den Anspruch der Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 SGB XI auf Leistungen zur sozialen Sicherung (§ 44 SGB XI – z.B. Renten- und Unfallversicherung) sei nach § 19 Satz 2 zusätzlich eine Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich. Die Regelung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen dürfe nicht verwechselt werden mit dem Anspruch auf Pflegegeld. Nach § 15 Abs. 3 SGB XI sei Pflegegeld in Pflegestufe I bereits dann zu zahlen, wenn der Zeitaufwand z.B. eines Familienangehörigen bei der Pflege im wöchentlichen Tagesdurchschnitt mind. 90 Minuten betrage (10,5 Stunden/Woche). Die soziale Sicherung nach § 44 SGB XI in der gesetzlichen Unfallversicherung sei somit nicht schlechthin bei allen...

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