Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 26.06.1992; Aktenzeichen S 13 Ar 124/91)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 26. Juni 1992 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Januar 1991 in Form des Widerspruchsbescheides vom 16. Mai 1991 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe das Vermögen der Klägerin außer acht zu lassen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ohne die Berücksichtigung ihres Vermögens.

Die im Jahre 1953 geborene Klägerin hatte im Jahre 1972 einen privaten Unfall erlitten. Ihre Mutter hatte eine ehemalige Scheune durch Umbaumaßnahmen zu Wohnzwecken herrichten lassen. Beim Betreten des Raumes über der Wohnhalle – dem früheren Heuboden – kam die Klägerin an eine nicht mit Bohlen abgedeckte Stelle. Sie brach durch die Deckenverkleidung und stürzte etwa 3,80 Meter tief; dabei zog sie sich schwere Verletzungen zu. Sie ist seither querschnittsgelähmt. Die Haftpflichtversicherung der mit der Durchführung der Deckenarbeiten beauftragten Firma, die C. N. Versicherung …, gewährte der Klägerin zur Abgeltung aller damaligen und auch zukünftigen Ansprüche im November 1973 eine Abfindung in Höhe von 100.000,– DM.

Die Klägerin war vom 15. Mai 1990 bis zum 31. Oktober 1990 als Sozialpädagogin bei der D. – Sozialdienste – … W., beschäftigt. Vom 30. Oktober bis zum 12. November 1990 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Am 18. Oktober 1990 hatte sie sich mit Wirkung zum 1. November 1990 arbeitslos gemeldet und Alhi beantragt. Im Antragsvordruck gab sie an, neben Waisengeld und Zinseinkünften in Höhe von 692,85 DM monatlich über Vermögen von mehr als 8000,– DM zu verfügen. Dabei handele es sich um Schmerzensgeld aus dem Unfall; mit den Zinseinkünften bestreite sie ihren Lebensunterhalt. Das Arbeitsamt N. errechnete auf Grund eines vorgelegten Depot-Auszuges, in dem Inhaberschuldverschreibungen zum Kurswert von 37.035,50 DM ausgewiesen waren, und unter Berücksichtigung weiterer zusätzlich angekaufter Wertpapiere und Sparkassenbriefe im Nennwert von 43.000,– DM ein Vermögen der Klägerin in Höhe von 80.035,50 DM.

Mit Bescheid vom 30. Januar 1991 lehnte das Arbeitsamt N. den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Alhi ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, sie verfüge unter Berücksichtigung der Freigrenze von 8.000,– DM über ein Vermögen von 72.035,50 DM, das verwertbar und dessen Verwertung auch zumutbar sei. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Bei Teilung dieses Betrages durch das Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richte (680,– DM), ergebe sich, daß die Klägerin für den Zeitraum von 105 Wochen nicht bedürftig sei. Gleichzeitig wurde in diesem Bescheid der frühere Bescheid vom 27. November 1990 aufgehoben, durch den das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosenunterstützung wegen des zuerkannten Anspruchs auf Krankengeld festgestellt worden war.

Mit dem Widerspruch machte die Klägerin, die ab dem 1. März 1991 wieder in einem Beschäftigungsverhältnis stand, geltend, die Summe der angegebenen Wertpapierposten belaufe sich lediglich auf 67.000,– DM. Da sie aus den Zinseinkünften dieses aus einer Schmerzensgeldzahlung herrührenden Vermögens einen Teil ihres Lebensunterhaltes bestreite, handele es sich um ein zu schützendes Vermögen, das nicht angerechnet werden dürfe.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 16. Mai 1991 zurückgewiesen. In den Gründen wurde angegeben, es lägen keine Tatbestände vor, die die Verwertung des Vermögens unzumutbar machen würden. Für die Bewertung sei der Verkehrswert zu dem Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Antrag auf Alhi gestellt wurde, so daß auch die Dauer der Berücksichtigung des Vermögens im Rahmen der Alhi-Bewilligung in dem angefochtenen Bescheid zutreffend festgelegt worden sei.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, ihr Vermögen habe zur Zeit der Stellung des Antrags auf Alhi lediglich 65.718,70 DM betragen. Sie habe im Laufe des Jahres 1990 vom Erlös fälliger Wertpapiere neue festverzinsliche Papiere erworben. Die Beklagte habe bei der Ermittlung des Vermögens zu Unrecht sowohl die zwischenzeitlich eingelösten Wertpapiere als auch die neu erworbenen Papiere angesetzt, obwohl die Beträge nur einmal vorhanden gewesen seien.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, daß eine Anrechnung ihres Vermögens, das aus der gezahlten Abfindung von 100.000,– DM herrühre, auf die zu zahlende Alhi nicht gerechtfertigt sei. Dazu, wie sich der gezahlte Abfindungsbetrag zusammengesetzt hat, hat die Klägerin unterschiedliche Angaben gemacht. Zunächst hat sie vorgetragen, von den gezahlten 100.000,– DM seien 20.000,– DM auf bereits angefallene materielle Schäden entfallen. Der Rest sei als Schmerzensgeld angesehen worden, obwohl von diesen 80.000,– DM noch erhebliche Beträge für materie...

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