Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung von Leistungsansprüchen. Wohlverstandenes Interesse. Fortsetzungsfeststellungsklage. berechtigtes Interesse

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Leistungsträger hat bei einer Abtretung von Leistungsansprüchen an die Vermieterin durch Verwaltungsakt zu entscheiden, ob ein wohlverstandenes Interesse vorliegt. Ein wohlverstandenes Interesse liegt vor, wenn durch den übertragenen Leistungsanspruch zumindest ein gleichwertiger Vermögensvorteil erworben wird. Dies ist bei Abtretung zur Sicherung der Miete regelmäßig dann der Fall, wenn die Vermieterin sich schriftlich verpflichtet, auf eine Räumung wegen Mietschulden zu verzichten. Eine rein mündliche Absprache reicht nicht aus. Soweit dem Leistungsempfänger die Leistung bereits ausgezahlt wurde, kommt eine rückwirkende Feststellung, es hätte in diesem Zeitraum ein wohlverstandes Interesse vorgelegen, nicht im Rahmen einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Betracht.

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert ein berechtigtes Interesse. Dieses kann in einer Wiederholungsgefahr oder Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses liegen.

 

Normenkette

SGG § 131 Abs. 1 S. 3, § 144 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2; SGB I § 53 Abs. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3; BGB § 812 Abs. 1 S. 2 2. Halbs., § 839

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 02.03.1999; Aktenzeichen S 13 AL 224/98)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 02.03.1999 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zur Abzweigung eines Teiles der an den Beigeladenen geleisteten Arbeitslosenhilfe an sie verpflichtet war.

Der Beigeladene befand sich bei der Beklagten im laufenden Arbeitslosenhilfe-Bezug; mit Bescheid vom 04.05.1998 wurde Arbeitslosenhilfe ab dem 25.03.1998 in Höhe von 289,87 DM wöchentlich bewilligt.

Die Klägerin war die Vermieterin des Beigeladenen. Am … 1998 reichte der Vorstand der Klägerin beim Arbeitsamt S. eine Einzugsermächtigung ein, worin der Beigeladene den Vorstand der Klägerin ermächtigte, seinen Leistungsanspruch auf Nachzahlung aus Arbeitslosenhilfe Stamm-Nr. 18… gegenüber dem Arbeitsamt S. ab dem 01.01.1998 für ihn einzuziehen.

Am 06.05.1998 reichte die Klägerin beim Arbeitsamt einen zwischen ihr und dem Beigeladenen am 03.05.1998 abgeschlossenen Abtretungsvertrag ein. Der Vertrag hatte folgenden Inhalt:

„Abtretungsvertrag

zwischen der B.-D. terin

und

Herrn D. I. W. besteht ein Mietvertrag über

Wohnraum. Die Miete und Nebenkosten betragen ab 15.02.1998 bis auf weiteres mtl. DM 623,– und sind den jeweils tatsächlichen Kosten anzupassen.

Da die von der Vermieterin verlangte Kaution nicht in bar erbracht werden kann ist die Vermieterin nur bereit den Mietgegenstand zu übergeben, wenn auf andere Weise eine Sicherheit erbracht wird, wie etwa durch Abtretung von Sozialleistungen.

Dies vorausgeschickt schließen die Vertragspartner folgenden Abtretungsvertrag:

Der Mieter, Herr D. I. tritt hiermit einen Teilbetrag in Höhe der jeweiligen Miete und Nebenkosten von z.Zt. DM 623,– jeden Monat, ab dem 01.05.1998 von seinen Ansprüchen aus Leistungsbezügen die er an das Arbeitsamt bzw. den Träger dieser Leistungen hat, an die dies annehmende Vermieterin, die B.-D. ab.

Es handelt sich dabei um:

Arbeitslosenhilfe ab 01. Mai 1998

Stamm-Nr.: …

Diese Abtretung ist unwiderruflich.

Der Abtretungsempfänger ist berechtigt, die Abtretung offenzulegen und die Beträge selbst einzuziehen. Der Abtretungsgeber hat sich deshalb der Einziehung zu enthalten und dem Abtretungsempfänger jede Beeinträchtigung der abgetretenen Forderung unverzüglich anzuzeigen. Die zur Geltendmachung der Forderung notwendigen Unterlagen hat er dem Abtretungsnehmer auf Verlangen auszuhändigen.

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß diese Abtretung nach § 53 SGB nur wirksam ist zur Erfüllung der Unterkunftskosten des Leistungsempfängers, und somit in wohlverstandenem Interesse des Berechtigten ist, um seine Unterkunft auf Dauer zu sichern.–

Mit Bescheid vom 14.05.1998 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, dass er nach den Unterlagen in seiner Leistungsakte zur Erstattung von 519,33 DM verpflichtet sei. Gem. § 51 Abs. 2 des 1. Buchs des Sozialgesetzbuchs, Allgemeiner Teil (SGB I) werde ab 01.05.1998 von der dem Beigeladenen zu gewährenden Leistung ein Betrag von 3,30 DM täglich aufgerechnet (lt. Aufrechnungsverzicht vom 27.08.1997).

Mit weiterem Bescheid vom 14.05.1998 lehnte die Beklagte die Auszahlung der Arbeitslosenhilfe an die Klägerin mit der Begründung ab, dass sich aufgrund der bestehenden Unterhaltsverpflichtung – ab 01.05.1998 wurden 55,16 DM wöchentlich an die Stadtverwaltung T. abgezweigt – aus der Tabelle zur Zivilprozessordnung (ZPO) kein pfändbarer Betrag ergebe. Es bestünden weitere vorrangige Forderungen, und zwar des Jugendamtes T. für das Kind B. – gemeint wahr wohl: Fabienne – vom 03.04.1997, der Stad...

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