Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 06.11.1990; Aktenzeichen S 9 A 167/89)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.09.1993; Aktenzeichen 4 RA 41/92)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 6. November 1990 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit hat.

Der Kläger, geboren am … 1942, ist österreichischer Staatsangehöriger und hat an der Hochschule für darstellende Kunst in Wien eine Schauspielerausbildung absolviert. Er war anschließend von 1961 bis zu einem Bühnenunfall am 28.06.1987 in diesem Beruf tätig. Bei dem Bühnenunfall erlitt er einen Innenmeniskuslappenriß und war seither arbeitsunfähig geschrieben.

Der Kläger stellte am 28.07.1988 Antrag auf Versichertenrente, den die Beklagte mit Bescheid vom 08.08.1989 mit der Begründung ablehnte, der Kläger könne zwar nicht mehr in dem Beruf eines Schauspielers tätig sein, jedoch noch als Sprecher im Bereich des Runkfunks und der Werbung. Das Sozialgericht hat eine berufskundliche Auskunft des Landesarbeitsamtes Rheinland-Pfalz-Saarland eingeholt (erstattet 26.07.1990) und der Zentralen Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung – ZBF – (erstattet 21.08.1990) und die Beklagte mit Urteil vom 06.11.1990 verurteilt, dem Kläger unter Annahme des Eintritts des Versicherungsfalls am 28.06.1987 Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Es hat ausgeführt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, den erlernten Beruf eines Bühnenschauspielers zu verrichten. Ein Verweis auf eine Tätigkeit als Sprecher in einer Rundfunkanstalt, die sitzend ausgeübt werden könne, sei sozial nicht zumutbar, da es für diese Tätigkeit keinen offenen Arbeitsmarkt für den Kläger gäbe. Nach Auskunft des Landesarbeitsamtes Rheinland-Pfalz-Saarland gäbe es zwar festangestellte Sprecher in Rundfunkanstalten, die überwiegend im Schichtdienst rund um die Uhr eingesetzt würden. Die Zahl dieser festangestellten Sprecher sei allerdings sehr gering, so daß kaum Vermittlungschancen bestünden. Zur Präsentation spezieller Sendungen würde überwiegend auf freiberufliche Sprecher zurückgegriffen. Nach Auskunft der ZBF gäbe es einen Arbeitsmarkt für Sprecher überhaupt nicht. Die freiberufliche Tätigkeit würde von Schauspielern als zusätzliche Möglichkeit neben Theaterengagements und Einsätzen beim Film oder im Fernsehen in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 26.11.1990 zugestellte Urteil mit einem bei Gericht am 27.12.1990 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ist unverändert der Ansicht, daß der Kläger auf eine Berufstätigkeit als Sprecher bei Rundfunkanstalten verweisbar sei. Sie stellt den Antrag,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts für das Saarland vom 06.11.1990 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädischen Gutachtens, das von Prof. Dr. F. am 08.04.1992 erstattet wurde. Außerdem hat der Senat eine Auskunft des S. R. zu den körperlichen Anforderungen der Tätigkeit von Nachrichtensprechern und anderen Sprechern eingeholt (erstattet 31.03.1992).

Bezüglich des Sachverhalts im einzelnen wird ergänzend auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und damit auch im übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren.

Der Kläger erfüllt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente nach § 43 Abs. 1 SGB VI und ist auch berufsunfähig nach § 43 Abs. 2 SGB VI (bis 31.12.1991: § 23 Abs. 1 und 2 AVG).

Nach dieser Vorschrift sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Diese tatbestandsmäßigen Voraussetzungen liegen ausweislich der medizinischen Beweiserhebung vor.

Ausweislich des vom Senat eingeholten Gutachten von Prof. Dr. F. bestehen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen:

  1. Ausgeprägte Varusgonarthrose des rechten Kniegelenkes, fortgeschrittene Retropatellararthrose rechts, stark schmerzhafte Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenkes,
  2. deutlicher arthrotischer Reizzustand des rechten Kniegelenkes mit leichtem ...

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