Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausführungsbescheid. Verwaltungsakt. Vorläufige Regelung. Urteil. Aufhebung. Vermögen. Aktive Vermögenswerte. Verbindlichkeiten. Verwertbarkeit. Zumutbarkeit. Unmittelbarkeit. Tilgung. Schulden. Fälligkeit. Einheit. Girokonto. Bargeld. Verdeckte Treuhand. Rechtsschein. Offenkundigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein Ausführungsbescheid, in dem die Behörde die Regelung trifft, die nach dem sozialgerichtlichen Urteil zu ergehen hat, ist kein Verwaltungsakt, der einen früheren abändert oder ersetzt; er trifft eine vorläufige Regelung und wird von selbst hinfällig, wenn das Urteil auf dem er beruht, aufgehoben wird.
  • Als Vermögen im Sinne der Alhi-Vorschriften ist die Summe der gesamten aktiven Vermögenswerte anzusehen, während die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten erst bei der Frage der Verwertbarkeit nach § 6 Abs. 2 AlhiV bzw. der Zumutbarkeit der Verwertung nach § 6 Abs. 3 AlhiV erfolgt.

    Der Ansatz von Verbindlichkeiten ist allerdings bei der Feststellung der vorhandenen Vermögensgegenstände geboten, soweit die Verbindlichkeiten unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand lasten. Von einer Verwertbarkeit kann auch dann nicht ausgegangen werden, sofern und soweit der Vermögensinhaber im Zeitpunkt der grundsätzlich gebotenen Verwertung seines Vermögens zur Tilgung von Schulden verpflichtet ist; das ist regelmäßig der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit. Noch nicht aktuell zu befriedigende Verbindlichkeiten können nur dann vermögensmindernd berücksichtigt werden, wenn die betreffenden Vermögensbestandteile und Verbindlichkeiten bei wirtschaftlicher Betrachtung als eine Einheit anzusehen sind.

  • Auf einem Girokonto angelegte Geldbeträge sind bei der Ermittlung des Vermögens ebenso wie Bargeld zu behandeln, auch wenn ein derartiges Konto üblicherweise nicht dazu bestimmt ist, Vermögen anzusparen.
  • Wer als verdeckter Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, muß sich hiervon auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch Sozialleistungsträger festhalten lassen. Ohne Offenkundigkeit des Treuhandcharakters besteht dem Gläubiger des Treuhänders gegenüber keine hinreichende Rechtfertigung für die Versagung des Zugriffs.
 

Normenkette

SGB X §§ 45, 48, 50; AFG § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 137 Abs. 2; SGB III § 190 Abs. 1 Nr. 5, § 193 Abs. 2, § 330 Abs. 3 S. 1, § 335 Abs. 1; AlhiV §§ 6, 9

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Urteil vom 12.12.2000)

 

Tenor

  • Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
  • Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 2000 abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen.
  • Eine Kostenerstattung findet für beide Instanzen nicht statt.
  • Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 30. Oktober 1997 bis 13. August 1998 zurückzunehmen, die gezahlten Leistungen in Höhe von 13.441,05 DM zurückzufordern sowie die Erstattung der für diese Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 4.965,30 DM zu verlangen.

Der im Jahre 1959 geborene Kläger war zuletzt von April 1987 bis März 1994 als Schichtleiter bei der S.…er Papierwarenfabrik beschäftigt. Ab dem 01. April 1994 hatte er zunächst Arbeitslosengeld (Alg) und ab dem 01. März 1995 wegen einer Umschulung zum Industriekaufmann Unterhaltsgeld bezogen. Nach Abschluss der Maßnahme am 30. November 1996 wurde ihm wiederum Alg bis zur Erschöpfung dieses Anspruch am 29. Oktober 1997 bewilligt.

Mit einem am 18. September 1997 bei der Arbeitsamt-Dienststelle S.… eingegangenen Formblatt beantragte der Kläger die Gewährung von Anschluss-Alhi. Im Antragsvordruck verneinte er die Frage nach Vermögen ebenso wie die Fragen, ob Freistellungsaufträge für Kapitalerträge erteilt und ob Bausparverträge abgeschlossen seien. In diesem Formblatt findet sich unmittelbar über der Unterschrift folgender Passus:

“Ich versichere, dass meine Angaben zutreffen. Die Ausfüllhinweise habe ich beachtet; Änderungen werde ich unverzüglich anzeigen. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose, “Ihre Rechte, Ihre Pflichten”, habe ich erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen.”

Das Arbeitsamt N.… bewilligte daraufhin dem Kläger mit Bescheid vom 14. Oktober 1997 Alhi ab dem 30. Oktober 1997 ohne Berücksichtigung von Vermögen. Bei einem Bemessungsentgelt von 990,-- DM ergab sich ein wöchentlicher Leistungssatz von 325,20 DM. Mit Bescheid vom 09. Januar 1998 wurde der Leistungssatz mit Wirkung vom 01. Januar 1998 auf 327,11 DM erhöht.

Im Fortzahlungsantrag vom 04. September 1998 verneinte der Kläger ebenfalls das Vorhandensein von Vermögen. Es wurde deshalb mit Bescheid vom 06. Oktober 1998 Alhi ab dem 30. Oktober 1998 in Höhe von wöchentlich 322,21 DM ohne Berücksichtigung von Vermögen weiterbewilligt.

Auf Grund einer Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen wurde der Beklagten im Oktober 1...

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