Verfahrensgang

SG für das Saarland (Beschluss vom 22.02.2006; Aktenzeichen S 23 ER 3/06 KR)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden Ziffer 1a des Tenors des Beschlusses des Sozialgerichts für das Saarland vom 22.02.2006 aufgehoben und der Antrag Ziffer 1 der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.

Ziffer 1b des Tenors des Beschlusses des Sozialgerichts für das Saarland vom 22.02.2006 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu behaupten, dass Ärzte im Saarland nach Möglichkeiten suchten, die Behandlung von Versicherten “einer der günstigsten regionalen Krankenkassen-Anbieter” zu verweigern.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens für die erste Instanz tragen die Antragstellerin zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3.

Die Kosten für das Beschwerdeverfahren tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin, bei der es sich ebenso wie bei der Antragsgegnerin um eine gesetzliche Krankenkasse handelt, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Werbemaßnahme der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin veröffentlichte im Anzeigenblatt “D…W….” folgende Anzeige:

– Anzeige –

Krankenkassen-Patienten bald ohne Behandlung?

Im Krankenkassenmarkt ist Bewegung und die Verbraucher im Saarland sind verunsichert wie nie zuvor.

Aufgrund der niedrigen Kopfpauschale die von einem der günstigsten regionalen Krankenkassen-Anbieter zur Behandlung der Versicherten an die Ärzte im Saarland gezahlt wird, suchen diese Ärzte jetzt nach Möglichkeiten, die Behandlung zu verweigern. Die Situation eskalierte, nachdem die Kopfpauschale für das Jahr 2004 in Höhe von nur 248 Euro bekannt wurde. Laut der “Online Ärztezeitung” zahlt besagter Anbieter nur halb soviel wie andere Ersatzkassen für die Versorgung. Weiterhin hat der Krankenkassenmarktführer im Saarland angekündigt, seinen allgemeinen Beitragssatz zum Jahreswechsel zu erhöhen. Hieraus ergibt sich für einen Arbeitnehmer mit 2.500 Euro Bruttogehalt ein jährlicher Mehrbetrag von 90 Euro.

Als günstige Alternative hat sich die Gmünder Ersatzkasse (GEK) einen Namen gemacht. Seit neun Jahren dominiert sie laut dem Kundenmonitor Deutschland das Feld der frei wählbaren Krankenkassen. Nach deren Ermittlung besitzt die GEK das beste Preisleistungsverhältnis und die höchste Kundenzufriedenheit. Mit einem Beitragssatz von 12,8 Prozent ist sie bis zu 769,50 Euro günstiger wie der saarländische Marktführer, bietet aber auf der anderen Seite exklusive Mehrleistungen an. Der Beitragsvorteil ergibt sich nach Aussage des Geschäftsführers Guido Ernst durch die niedrigen Verwaltungskosten und ein intelligentes Vorsorgeprogramm. Allein im Bereich der Verwaltungskosten würden über 70 Millionen Euro im Vergleich zu Mitbewerbern eingespart. Dies habe dazu geführt, dass die GEK im September ihr Einmillionstes Mitglied begrüßen konnte. Die GEK ist in Saarbrücken, Homburg, Saarlouis und St…. Wendel mit einer Betreuungsstelle vertreten. Infos unter gek.de oder der kostenlosen Hotline: 0800 – 4354636.

(red./pr).

Am 19.01.2006 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie trägt vor, der Grundsatz der deutlichen Trennung von Werbung und redaktionellem Teil sei verletzt, da die Anzeige als solche nicht klar erkennbar sei. Die für einen flüchtigen Durchschnittsleser im Hintergrund stehende Kennzeichnung in der Anzeige werde gänzlich negiert durch den Zusatz “(red./pr)”, der am Ende des Artikels rechts unten abgedruckt sei. Mit diesem Zusatz werde wahrheitswidrig auf eine angebliche redaktionelle Herkunft der Anzeige verwiesen. Einem flüchtigen Durchschnittsleser erscheine die Anzeige daher als redaktioneller Beitrag und nicht als Werbeanzeige. Weiter behaupte die Antragsgegnerin wahrheitswidrig unter Verweis auf den Artikel in der “Online-Ärztezeitung”, dass die saarländischen Ärzte nach Möglichkeiten suchten, die Behandlung von Versicherten der Antragstellerin zu verweigern. Durch die Bezugnahme auf den Artikel in der “Online-Ärztezeitung” sei die Antragstellerin als der in der Anzeige erwähnte “günstigste Krankenkassenanbieter” für die umworbenen Verbraucher eindeutig identifizierbar; zudem sei allgemein bekannt, dass sie zu den günstigsten Krankenkassen im Saarland zähle. Aus dem erwähnten Artikel der “Online-Ärztezeitung” ergäbe sich lediglich, dass Vertreter der KV S… den Vorstand aufgefordert hätten zu überprüfen, ob der Sicherstellungsauftrag für die Versicherten der Antragstellerin zurückgegeben werden könne. Insbesondere unterlasse die Antragsgegnerin den Hinweis, dass aus dem Artikel hervorgehe, dass nach Einschätzung des KV-Vorsitzenden Dr. Ha… die Möglichkeit der Rückgabe des Sicherstellungsa...

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