Verfahrensgang

SG Neuruppin (Urteil vom 13.06.1995; Aktenzeichen S 3 Vs 62/93)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.1997; Aktenzeichen 9 RVs 16/96)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 13. Juni 1995 wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten auch im Berufungsverfahren darum, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich „a.G.” (außergewöhnliche Gehbehinderung) erfüllt sind.

Der 1942 geborene Kläger leidet an den Folgen eines seit der Geburt bestehenden extremen Kleinwuchses, einer sogenannten Achondroplasie (frühere Bezeichnung: Chondrodystrophie). Mit Eingang am 15.05.1991 bei der Kreisverwaltung Neuruppin stellte er erstmals einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung, des Grades der Behinderung (GdB) und weiterer gesundheitlicher Merkmale sowie auf Ausstellung eines Ausweises nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG), wobei er damals geltend machte, infolge seiner Gesundheitsstörungen in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt zu sein. Vorgelegt wurde insbesondere ein Schwerbeschädigten-Ausweis der DDR, ausgestellt am 17.03.1980, mit einem Grad der Behinderung von 50 (Stufe II).

Das Versorgungsamt Potsdam holte, nachdem der Vorgang dorthin ab gegeben worden war, aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. als dem Hausarzt des Klägers einen am 13.07.1991 erstatteten Befundbericht ein, in dem es zur Diagnose insbesondere heißt: „Angeborener Kleinwuchs mit zum Teil vorhandenen und zu erwartenden Beschwerden im Bereich der Gelenke, Wirbelsäule und der inneren Organe”. Nach Einholung einer kurzen gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage des Facharztes für Allgemeinmedizin OMR Dr. L. vom 05.09.1991 stellte das Amt für Soziales und Versorgung Potsdam mit Bescheid vom 18.09.1991 als Behinderung „Kleinwuchs” mit einem GdB von 50 fest und verneinte das Vorliegen der gesundheitlichen Merkmale für den Nachteilsausgleich „G.” (erhebliche Gehbehinderung). Zu dem Nachteilsausgleich „a.G.” wurde damals nicht Stellung genommen. Der dieses wie auch andere Merkzeichen betreffende Text des Formularbescheides wurde durchgestrichen.

Gegen den Bescheid vom 18.09.1991 erhob der Kläger am 15.10.1991 Widerspruch, mit dem er sich gegen die „pauschale” Bewertung seines Kleinwuchses wandte und weiterhin eine Gehbehinderung geltend machte: Er könne nicht lange Wegstrecken mit oder ohne Gepäck zurücklegen. Auch habe er Schwierigkeiten bei der Benutzung der Bahn und der Busse.

Im Widerspruchsverfahren kam es, nachdem der erneut herangezogene Arzt Dr. L. am 12.06.1992 die Ansicht vertreten hatte, dem Widerspruch könne nach den „Anhaltspunkten” nicht abgeholfen werden, zur Einholung eines Befundberichtes des Facharztes für Orthopädie Dr. G., der als weiterer behandelnder Arzt des Klägers unter dem 08.09.1992 folgende Diagnosen mitteilte: „Kleinwüchsigkeit, Instabilität der Kniegelenke, degenerative WS-Erkrankung, Dysplasie-Coxarthrose bds.”, die Körpergröße mit 127 cm angab und auch Angaben zu den Ergebnissen klinischer und röntgenologischer Untersuchungen der Knie- und Hüftgelenke wie auch der Wirbelsäule machte. Dr. L. sprach sich daraufhin in einer gutachtlichen Stellungnahme vom 09.11.1992 dafür aus, neben dem Kleinwuchs als weitere Behinderung „Wirbelsäulen- und Hüftgelenksbewegungseinschränkungen”, ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 50, festzustellen, den Gesamt-GdB mit 70 einzuschätzen und außerdem die gesundheitlichen Merkmale für das Merkzeichen „G.” als erfüllt anzusehen; er verneinte jedoch, wie schon früher (Stellungnahme vom 05.09.1991), weiterhin das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „a.G.”. Mit Abhilfebescheid vom 18.02.1993 folgte das Amt für Soziales und Versorgung Potsdam der Beurteilung seines Versorgungsarztes, ging, obwohl der Kläger mit einem am 10.07.1992 beim Amt eingegangenen Schreiben vom 06.07.1992 ausdrücklich den Antrag auf eine „Parkplatzgenehmigung für Schwerbehinderte für meinen PKW” gestellt hatte, auf die Frage der „außergewöhnlichen Gehbehinderung” bzw. das entsprechende Merkzeichen aber auch jetzt nicht ein. Der Text zu den Merkzeichen außer „G.” ist auch in diesem Bescheid wiederum durchgestrichen.

Gegen den Bescheid vom 18.02.1993 wandte sich der Kläger mit einem Schreiben vom 09.03.1993, eingegangen beim Versorgungsamt am 16.03.1993, mit dem er sowohl einen höheren GdB geltend machte als auch allgemein um eine Überprüfung seiner Behinderung sowie um Aufklärung über die Möglichkeiten einer finanziellen Hilfe beim Erwerb eines PKW bat. Im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens kam es noch zur Einholung einer kurzen – negativen – Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. vom 26.03.1993, der Beiziehung eines ärztlichen Gutachtens, das Dr. G. am 09.08.1991 für die Bundesv...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge