Leitsatz (amtlich)

1. Aus dem Vorliegen der Voraussetzungen eines Ruhenstatbestandes iS des AFG ist nicht zwingend zu folgern, daß der Leistungsanspruch dem Grunde nach als sogenanntes Stammrecht bestanden hat. Die Ruhenstatbestände - hier die §§ 117 Abs 1, 118 Abs 1 Nr 2 AFG - sind nicht Ausdruck einer dogmatischen Logik, sondern von Zweckmäßigkeitserwägungen.

2. Entgegen der Auffassung des BSG (ua Urteil vom 11.6.1987 - 7 RAr 40/86; Urteil vom 29.9.1987 - 7 RAr 59/86) ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber mit der Fassung des § 117 Abs 1 und 4 AFG keine abschließende und endgültige Aussage über das Vorliegen des Leistungsfalles, insbesondere über den Eintritt des Merkmals "Arbeitslosigkeit" treffen wollte.

3. Der systematische Zusammenhang von § 117 Abs 1 AFG mit Abs 4 S 1 dieser Norm, die Entstehungsgeschichte und der erkennbare Gesetzeszweck berechtigen zu der Feststellung, daß diese Regelungen nur die Voraussetzungen für eine "vorläufige" Leistungsgewährung schaffen sollten, eine "endgültige" abweichende Bewertung des Leistungsfalles zu einem späteren Zeitpunkt, wenn nämlich das Arbeitsentgelt tatsächlich entrichtet worden ist, nicht ausgeschlossen werden sollte. Für diese Auslegung sprechen ferner die Regelung in § 110 Abs 1 Nr 1 AFG sowie die Rechtsprechung im Beitragsrecht in den Fällen späterer Entgeltzahlung.

4. Wird ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bereits während der noch laufenden Kündigungsfrist von der Arbeit ohne Fortzahlung des Arbeitsentgeltes freigestellt, ist dem Arbeitnehmer aufgrund der eingetretenen "faktischen" Arbeitslosigkeit vorläufig Arbeitslosengeld zu zahlen. Wird für den Leistungszeitraum nachträglich Konkursausfallgeld bewilligt und/oder nachträglich Arbeitsentgelt entrichtet, ist aufgrund der nunmehr vorzunehmenden abschließenden Bewertung davon auszugehen, daß sich der "vorläufig" angenommene Eintritt des Leistungsfalles "endgültig" auf den Zeitpunkt nach Ablauf der tatsächlich erfolgten Zahlungen verschiebt.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665498

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