Entscheidungsstichwort (Thema)

Länderübergreifender Landesverband der Krankenkassen. Kündigung. Mitgliedschaft. Wirksamkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Mitgliedschaft in einem länderübergreifenden Landesverband der Krankenkassen kann nicht durch Kündigungen der Krankenkassen eines Bundeslandes beendet werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.03.2002; Aktenzeichen B 1 KR 34/00 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagten, die drei Betriebskrankenkassen mit Sitz in Sachsen-Anhalt, durch eine wirksame Kündigung aus dem BKK-Landesverband Ost, dem Kläger, ausgeschieden sind.

Die Landesverbände der Betriebskrankenkassen in den Ländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt und Berlin-Brandenburg haben sich mit einer Vereinbarung vom 9. Mai 1995, der die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden zugestimmt haben, zu einem einheitlichen Landesverband zusammengeschlossen, der den eingangs genannten Namen führt. Der Zusammenschluss wurde zum 1. Januar 1996 vollzogen. Ebenfalls mit Datum vom 9. Mai 1995 beschlossen die Vertreterversammlungen der vier Landesverbände die Satzung des BKK-Landesverbandes Ost, die durch die Senatsverwaltung für Soziales des Landes Berlin genehmigt wurde und am 1. Januar 1996 in Kraft trat. Nach § 1 der Satzung ist der Landesverband eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat seinen Sitz in Berlin. § 20 a des 1. Nachtrages zur Satzung vom 10. Januar 1996, der mit § 16 der Vereinbarung vom 9. Mai 1995 übereinstimmt, enthält folgende Regelung:

Die Betriebskrankenkassen der vier Landesverbände können den gemeinsamen Landesverband mit einer Frist von einem Jahr zum Jahresende aufkündigen. Die Kündigung bedarf der Zustimmung von 3/4 der Mitgliedskassen, die ihren Sitz in dem jeweiligen Bundesland haben. Bei der Abstimmung hat jede Mitgliedskasse eine Stimme. Der gemeinsame Landesverband bleibt für die Mitgliedskassen aus den übrigen Bundesländern bestehen.

Die Beklagten kündigten mit getrennten Schreiben vom 16. und 28. Dezember 1998 (eingegangen bei dem Kläger am 18., 22. und 29. Dezember 1998) ihre Mitgliedschaft zum 31. Dezember 1999. Eine Zustimmung zu diesen Kündigungen wurde durch die beigeladenen Bundesländer (Aufsichtsbehörden) nicht erteilt. Der Beigeladene zu 5) (Land Sachsen-Anhalt) wies die Beklagten vielmehr mit Schreiben vom 27. Oktober 1999 unter Bezugnahme auf ein Gespräch aller Beigeladenen am 25. Oktober 1999 darauf hin, dass im Ergebnis einvernehmlich die Auffassung vertreten werde, dass erstens die Kündigung aus dem gemeinsamen BKK-Landesverband Ost der Zustimmung aller beteiligten Aufsichtsbehörden bedürfe und dass zweitens diese Zustimmung nicht erteilt werde.

Der Kläger hat am 18. November 1999 gegen die Beklagte Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Kündigungen unwirksam sind. Zugleich hat er um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Im Beschwerdeverfahren hat der Senat die Beklagten durch Beschluss vom 21. Dezember 1999 verpflichtet, es bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen, einen Landesverband der Betriebskrankenkassen zu bilden.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 14. Dezember 1999 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kündigungen hätten den Vorgaben des § 20 a der Satzung des Klägers entsprochen. Diese Vorschrift verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Zustimmungserfordernis für die Auflösung eines länderübergreifenden Landesverbandes lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen.

Gegen das ihm am 17. Dezember 1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am selben Tage Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, da § 207 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch --SGB V-- vorsehe, dass jede Betriebskrankenkasse einem Landesverband angehören müsse, führe dies zu dem Ergebnis, dass die Beklagten automatisch aufgrund des Untergangs des ehemaligen BKK-Landesverbandes Sachsen-Anhalt Zwangsmitglied bei ihm geworden seien. Diese Zwangsmitgliedschaft könne auch nicht durch eine satzungsgemäße Kündigung aufgelöst werden. Daher habe der Gesetzgeber konsequenterweise auch die Auflösung eines länderübergreifenden Landesverbandes als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht vorgesehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Dezember 1999 aufzuheben und festzustellen, dass die Kündigungen der Beklagten zu 1) und 2) vom 16. Dezember 1998 und der Beklagten zu 3) vom 28. Dezember 1998 unwirksam sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 1) und 2) haben sich dem Antrag des Klägers angeschlossen. Der Beigeladene zu 5) hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagten tragen vor, Geschäftsgrundlage und Voraussetzung für den freiwilligen Zusammenschluss sei das in § 16 der Vereinbarung ausdrücklich allen Betriebskrankenkassen der vier Landesverbände zustehende Recht, den gemeinsamen Landesverband aufzukündigen. Diese Regelung sei Gegenstand ausführlicher Verhandlungen mit den Aufsichtsbehörden gewesen. Im...

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