Entscheidungsstichwort (Thema)

Statusentscheidung. Versicherungspflicht. Steuerberater

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. November 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beigeladene zu 1. in seiner Tätigkeit als Steuerberater im Steuerberatungsbüro der Klägerin in der Zeit vom 21. Juli 2015 bis zum 31. Juli 2016 als Beschäftigter versicherungspflichtig nach dem Recht der Rentenversicherung und der Arbeitsförderung war.

Die klagende Steuerberaterin betrieb in dem vorgenannten Zeitraum eine Steuerberatungskanzlei in der B Straße in B. Der Beigeladene zu 1. ist Steuerberater, der nach entsprechender Zulassung von zuhause aus eine selbständige Steuerberatertätigkeit ausübte. Über eine von ihm geschaltete Anzeige auf dem Online-Portal des Steuerberaterverbandes wurde die Klägerin auf ihn aufmerksam. Aufgrund mündlicher Abrede wurde der beigeladene Steuerberater ab dem 21. Juli 2015 für die Klägerin tätig. Vereinbarungsgemäß nutzte er ein Büro und bei Bedarf den Besprechungsraum in der Steuerberatungskanzlei der Klägerin. Er erhielt für jeden erledigten Auftrag ein umsatzabhängiges Honorar i.H.v. 35 Prozent zzgl. der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer des von ihm laut Rechnung getätigten und von den Mandanten tatsächlich gezahlten Nettoumsatzes. Die Rechnungsvorlage erstellte der Beigeladene zu 1. dabei unter Nutzung des Rechnungsprogramms der Klägerin.

Am 16. Juni 2016 stellte der beigeladene Steuerberater bei der Beklagten den Antrag festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Er gab im Rahmen des Verwaltungsverfahrens an, als Steuerberater für rund 100 eigene Mandanten tätig zu sein. Die jeweilige Beauftragung durch die Klägerin erfolge durch mündliche Einzelaufträge. Inhalt seiner Tätigkeit für die Klägerin sei die Erstellung von Einkommenssteuererklärungen, Gewinnermittlungen, Jahresabschlüssen und der Schriftverkehr zu den von ihm zu bearbeitenden Sachverhalten. Ein eigener Kapitaleinsatz erfolge nicht. Die Software werde von der Klägerin gestellt, während er über die Hardware selbst verfüge. Er empfange keine fachlichen Weisungen, aber die Klägerin habe das fachliche Letztentscheidungsrecht und kontrolliere seine Arbeiten. Sie leiste auch die Unterschrift gegenüber dem Finanzamt. Die Übergabe, Kontrolle und Abnahme der von ihm gefertigten Arbeiten erfolge im Rahmen von Besprechungen zwischen ihm und der Klägerin. Eine Kostenbeteiligung an den von ihm genutzten Räumlichkeiten in der Kanzlei der Klägerin finde indirekt über die (insofern niedriger als üblich ausfallende) Umsatzbeteiligung statt. Im Falle seiner Abwesenheit benachrichtige er die Arbeitgeberin. Sie übernehme dann entweder selbst seine Arbeit oder einer ihrer Mitarbeiter erledige dies. Er arbeite im Rahmen des in einem Steuerbüro Üblichen mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammen. Er habe freie Arbeitszeiten und sei im Umfang von etwa 20 Wochenstunden für die Klägerin tätig. Er stelle Rechnungen an die Klägerin und rechne direkt mit ihr ab.

Nach Anhörung stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem beigeladenen Steuerberater fest, dass dieser im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Es bestehe Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit und damit auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung (Bescheide vom 27. Oktober 2016).

Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wiesen die Klägerin und der Beigeladene zu 1. darauf hin, dass der Beigeladene zu 1. aufgrund Mietvertrages vom 23. März 2016 seit dem 1. April 2016 über eigene Büroräume im Objekt B Straße verfüge. Zudem habe er seit dem 1. August 2016 eine eigene Angestellte (Frau S K mit derselben Wohnadresse wie Beigeladener zu 1.), die ihn u.a. bei der Erledigung der Aufträge für die Klägerin unterstütze und die Zulassungsvoraussetzung für die Steuerberaterprüfung erfülle. Mit Bescheiden vom 15. Mai 2017 nahm die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem beigeladenen Steuerberater die Bescheide vom 27. Oktober 2016 für die Zeit ab 1. August 2016 zurück und stellte nunmehr fest, dass der Beigeladene zu 1. die Tätigkeit für die Klägerin seit dem 1. August 2016 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Die Beschäftigung einer sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiterin seit diesem Zeitpunkt stelle ein maßgebliches Merkmal für das Vorliegen eines für die selbständige Tätigkeit typischen unternehmerischen Risikos dar. Dies gelte auch für die Anmietung eigener Büroräume durch den Beigeladenen zu 1. Den Widerspruch im Übrigen wies die Beklagte zurück

(Widerspruchsbescheide vom 10. August 2017).

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