Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. Bildung des Gesamt-GdB. Bindung des Versorgungsverwaltung an die MdE Festsetzung der Berufsgenossenschaft

 

Orientierungssatz

1. Nach § 4 Abs 2 SchwbG bzw § 69 Abs 2 SGB 9 ist die Versorgungsverwaltung an die Verwaltungsentscheidung der Berufsgenossenschaft, mit der diese die MdE wegen der gesundheitliche Folgen eines Arbeitsunfalls festgesetzt hat, gebunden.

2. Zur Bildung des Gesamt-GdB, wenn mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen vorliegen und die von der Berufsgenossenschaft wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls bindend festgestellte MdE nur einen Teil der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen darstellen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.07.2007; Aktenzeichen B 9/9a SB 12/06 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 05. Februar 2002 sowie der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 1999 und des Teilanerkenntnisses vom 05. Februar 2002 geändert und der Beklagte verurteilt, einen Grad der Behinderung von 60 ab 01. Februar 2003 festzustellen und einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis auszustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten, im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 70 nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) bzw. dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) festzustellen.

Der 1941 geborene Kläger erlitt 1995 einen Arbeitsunfall. Er bezieht deswegen eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H.; Bescheid der Bau-Berufsgenossenschaft H (Bau-BG) vom 26. September 1997 in der Fassung des Bescheides vom 10. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1997; Urteil des Sozialgerichts Potsdam (Az.: S 2 U 95/99 vom 20. März 2001; Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 27. Oktober 2003 (L 7 U 37/01).

Am 17. Dezember 1996 beantragte der Kläger bei dem Amt für Soziales und Versorgung P die Durchführung eines Feststellungsverfahrens und die Ausstellung eines SchwbG-Ausweises. Mit dem Antrag machte er u. a. die Merkzeichen "G" (erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "aG" (außergewöhnlich gehbehindert) geltend. Das Versorgungsamt zog medizinische Unterlagen über den Kläger zu dem Arbeitsunfall bei, ließ sie in einer gutachtlichen Stellungnahme (August 1997 und Oktober 1997) des Versorgungsarztes Dr. L auswerten und stellte mit Bescheid vom 24. Oktober 1997 (zunächst) einen GdB von 30 entsprechend dem Bescheid der Bau-BG vom 26. September 1997 fest, die ebenfalls - zunächst - eine MdE von 30 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls (instabiler Beckenringbruch mit Kreuz-/Darmbeinfugenverrenkungsbruch links und Bruch des oberen und unteren Schambeinastes links, Speichentrümmerbruch links, Abriss des Griffelfortsatzes der linken Elle, Kopfplatzwunde, Teilläsion des Nervus medianus links und des Nervus ulnaris links, L5-Syndrom und Teilläsion S1-Segment Narben am Kopf, über dem linken Handgelenk und dem linken Becken, restliche Beinnervenstörung links, geringe Verdickung um das linke Handgelenk, geringe Einschränkung der Beweglichkeit im Handgelenk und bei der Unterarmeinwärtsdrehung links, Fehlstellung und verminderte Belastungsfähigkeit des linkes Kreuzbein-Darmbeingelenkes, minimale Einschränkung der Beweglichkeit der unteren Wirbelsäule und im linken Hüftgelenk, die in den Röntgenbildern erkennbaren Veränderungen) anerkannt hatte. Nicht als Folgen des Arbeitsunfalls wurden eine Nierensteinerkrankung sowie Schlüsselbeinbruch 1970, LWK 1 - 3-Bruch 1973 und Unterschenkelbruch 1977 angesehen. Nachdem die Bau-BG durch Bescheid vom 10. Dezember 1997 die MdE auf 40 v. H. erhöhte hatte, nahm das Versorgungsamt nach Beteiligung des versorgungsärztlichen Dienstes den Bescheid vom 24. Oktober 1997 von Amts wegen nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) teilweise zurück und stellte einen GdB von 40 entsprechend dem Bescheid der Bau-BG vom 10. Dezember 1997 fest; Bescheid vom 18. Dezember 1997.

Der Kläger legte hiergegen am 22. Januar 1998 Widerspruch ein.

Nach Beiziehen von weiteren medizinischen Unterlagen über den Kläger (u. a. Stellungnahme von Prof. Dr. S für die Bau-BG vom 22. August 1997 bzw. 25. November 1997, Befundbericht des Internisten Dr. O vom 24. Juni 1999) und Stellungnahmen der Versorgungsärzte B vom 10. Juni 1998, B vom 13. Januar 1999 und Dr. P vom 28. August 1999 verblieb der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 1999 bei einem GdB von 40 und wies den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 06. Januar 2000 Klage erhoben und einen höheren GdB geltend gemacht. Er leide an Depressionen ...

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