Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auskunftspflicht des Partners oder Dritten nach § 60 SGB 2. Auflösung der Bedarfsgemeinschaft. Unterhaltspflicht gegenüber gemeinsamen Kindern

 

Orientierungssatz

1. Ein Partner eines Leistungen nach SGB 2 beantragenden erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist nur dann gem § 60 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 2 verpflichtet, dem Grundsicherungsträger Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, wenn eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB 2 besteht. Die Vermutung des Bestehens einer Einstehensgemeinschaft nach § 7 Abs 3a SGB 2 kann auch noch vor dem LSG rückwirkend widerlegt werden, wenn es nach der Beweisaufnahme glaubhaft ist, dass bereits vor dem Auszug des Hilfebedürftigen aus dem gemeinsam bewohnten Haus eine Einstehensgemeinschaft nicht mehr bestanden hat.

2. Auch wenn das Auskunftsersuchen des Grundsicherungsträgers auf § 60 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB 2 gestützt wurde, obwohl die Person nicht mehr in Bedarfsgemeinschaft mit dem Hilfebedürftigen lebte, besteht Auskunftspflicht aber gem § 60 Abs 2 SGB 2 iVm § 1605 Abs 1 BGB aufgrund der Unterhaltspflicht gegenüber den gemeinsamen Kindern trotz Abschluss und Erfüllung einer zivilrechtlichen Unterhaltsvereinbarung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.02.2011; Aktenzeichen B 14 AS 87/09 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte begehrt von dem Kläger Auskünfte zur Ermittlung von Einkommen und Vermögen zur Prüfung des Bedarfes der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Frau D S und ihrer drei gemeinsamen Kinder mit dem Kläger.

Der im Juli 1968 geborene Kläger betreibt ein selbständiges Unternehmen des Gerüstbaues. Er war mit der im März 1969 geborenen Frau D S zusammen mit den drei in den Jahren 2001, 2002 und 2005 geborenen gemeinsamen Kindern Mieter eines Einfamilienhauses in S im Rahmen einer Lebensgemeinschaft.

Am 1. März 2007 beantragte Frau S für sich und ihre Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Beklagte ging von einem Fortbestehen der Lebensgemeinschaft des Klägers mit Frau S aus und forderte diesen mit Bescheid vom 25. Juni 2007 auf, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen und durch Nachweise zu belegen. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung an und drohte ein Zwangsgeld an.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 27. Juli 2007, mit dem dieser geltend machte, er sei nicht mehr der Partner der Frau S und leiste für seine Kinder Unterhaltszahlungen, so dass keine Auskunftsverpflichtung bestehe. Dies hatte auch Frau S dem Beklagten bereits mit Telefax vom 24. April 2007 zur Bearbeitung ihres Leistungsantrages mitgeteilt und mit Schreiben vom 7. Juni 2007 nochmals dargelegt, dass eine räumliche Trennung in dem gemeinsam angemieteten Haus bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2008 wies der Beklagte den Widerspruch - soweit hier noch streitig - zurück.

Hiergegen richten sich die am 19. Februar 2008 vom Kläger erhobenen Klagen gegen die Zwangsgeldfestsetzung (S 17 AS 345/08) und gegen die Auskunftsverpflichtung (S 17 AS 346/08).

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 23. April 2008 die Klagen unter dem Aktenzeichen S 17 AS 345/08 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger trägt vor, er habe in dem Haus seit einer im Dezember 2006 vollzogenen Trennung von Frau S lediglich noch ein Dachgeschosszimmer als Wohn- und Schlafraum genutzt, zu dem Frau S und die Kinder keinen Zutritt hätten. In diesem Raum habe er seine persönlichen Dinge und seine Kleidung auf bewahrt. Ein gemeinsamer Haushalt sei nicht mehr geführt worden, er habe über einen eigenen Kühlschrank verfügt und für sich eingekauft und sich die Mahlzeiten zubereitet. Auch habe er seine Wäsche selbst gewaschen. Mit Frau S und den Kindern habe er sich das Badezimmer und die Küche geteilt, wobei dort auch das Geschirr getrennt gewesen sei. Die Erziehung und Betreuung der Kinder führe die Mutter durch und eine geschlechtliche Beziehung zu dieser bestehe seit der Trennung nicht mehr.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat insbesondere auf den von ihren Mitarbeitern durchgeführten Hausbesuch am 27. Februar 2008 verwiesen. Dabei habe eine klare Trennung der Wohn- und Lebensbereiche nicht festgestellt werden können. Die Küche werde weiterhin gemeinsam genutzt. In dem eigenen Kühlschrank des Klägers, der sich überdies in einem Schuppen auf dem Grundstück befunden habe, seien lediglich eine Flasche Sekt und Oliven vorgefunden worden. In einem der Räume, der nach Angaben der Frau S ihr und einem Kind als Schlafraum diene, sei auch männliche Kleidung festgestellt worden. Im Badezimmer seien männliche Hygieneartikel vorgefunden worden. Somit bestünde eine Bedarfsgemeinschaft.

In Bezug auf die Zwangsgeldfestsetzung hat der Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben, das der Kläger angenommen ha...

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