Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherung. Antrag auf Statusfeststellung. Beginn der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Anknüpfen an Feststellung des Vorliegens von Versicherungspflicht in einzelnen Sozialversicherungszweigen. kein innerer Zusammenhang zwischen Sicherungsniveau des Krankenversicherungsschutzes und späterem Beginn der Rentenversicherungspflicht

 

Orientierungssatz

1. Der Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht (hier: in der gesetzlichen Rentenversicherung) nach § 7a Abs 6 SGB 4 knüpft - abweichend vom Wortlaut der Vorschrift - nicht an die Feststellung eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern an die Feststellung der Versicherungspflicht an.

2. Ein innerer Zusammenhang zwischen dem Krankenversicherungsschutz einerseits und dem bestimmte Versicherte (und ggf auch ihre Arbeitgeber) begünstigenden späteren Beginn der Rentenversicherungspflicht andererseits ist nicht erkennbar, aber auch nicht begründbar.

3. Das Vorliegen der in § 7a Abs 6 S 1 SGB 4 genannten Voraussetzungen führt (hier) nur in der gesetzlichen Rentenversicherung zu einem späteren Beginn der Versicherungspflicht, nicht hingegen im Recht der Arbeitsförderung.

4. Hinweis der Dokumentationsstelle des Bundessozialgerichts: Nachdem die Klage vor dem BSG zurückgenommen wurde, ist dieses Urteil sowie das vorinstanzliche Urteil des SG Berlin (S 76 KR 626/11) wirkungslos.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2011 geändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 07. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2011 wird geändert. Es wird festgestellt, dass die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner Beschäftigung bei der Klägerin erst am 11. Juni 2010 beginnt.

Die darüber hinaus gehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen Klägerin und Beklagte je zur Hälfte.

Die Kosten des Beigeladenen trägt dieser selbst.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Beginn der Versicherungspflicht des Beigeladenen.

Der 1957 geborene Beigeladene ist seit dem 15. September 2009 Vorstandsmitglied der Klägerin, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, von der er ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt i.H.v. 35.771,03 € brutto bezieht. Nach § 6 Abs. 1 seines Dienstvertrages vom 29. Juli 2009 hat er bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Weitergewährung seiner Vergütung bis zur Dauer von sechs Monaten. Am 15. Oktober 2009 beantragten er und die Klägerin die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Der Beigeladene stimmte in diesem Zusammenhang für den Fall, dass Versicherungspflicht festgestellt würde, ausdrücklich deren Beginn erst mit der Bekanntgabe der entsprechenden Entscheidung zu. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund stellte mit Bescheid vom 07. Juni 2010 fest, dass der Beigeladene in seiner bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit seit dem 15. September 2009 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung - in letzterer gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) - sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege.

Während des Widerspruchsverfahrens nahm die Beklagte diesen Bescheid „hinsichtlich der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung“ zurück und stellte nunmehr fest, dass für den Bei-geladenen in der ausgeübten Beschäftigung Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung wegen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) bestehe (Bescheid vom 20. August 2010). Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch, der sich auch gegen den Beginn der Versicherungspflicht richtete, mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2011 zurück.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ein von der Klägerin angenommenes und mit Bescheid vom 20. Oktober 2011 umgesetztes Teilanerkenntnis abgegeben, wonach die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der sozialen Pflegeversicherung auf § 23 Abs. 1 SGB XI beruhe, weil er bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sei.

Der im übrigen nur noch wegen des Beginns der Versicherungspflicht geführten Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 22. November 2011 antragsgemäß stattgegeben, indem es den „Bescheid der Beklagten vom 7. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 7. Juni 2010 und 20. Oktober 2011“ geändert und festgestellt hat, dass „die Versicherungspflicht des Beigeladenen in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung erst mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 7. Juni 2010 am 11. Juni 2010 eingetreten“ sei. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Die Voraussetzungen von § 7a Abs. 6 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) lägen vor. Aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift se...

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