Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Anerkennung einer Berufskrankheit. Erschütterungsbedingte Erkrankung des Handgelenks. Erfüllung der arbeitstechnische Voraussetzungen. Berechnung der Schwingungsbelastung. Abgrenzung anderer berufsfremder Faktoren. Abgrenzung anderer degenerativer Gelenkerkrankungen

 

Orientierungssatz

1. Für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach §§ 7, 9 SGB VII muss die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Diese Voraussetzungen entsprechen denen eines Unfalls nach § 8 Abs. 1 SGB VII, vgl. BSG, Urteil vom 02. April 2009 - B 2 U 9/08 R.

2. Die "Theorie der wesentlichen Bedingung" setzt voraus, dass die versicherte Einwirkung wegen ihrer besonderen Beziehung zur geltend gemachten Krankheit wesentlich an ihrem Entstehen mitgewirkt hat. Kriterien für die Wesentlichkeit sind Art und Ausmaß der Einwirkungen, die konkurrierenden Ursachen, das Krankheitsbild sowie die gesamte Krankengeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm, vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 09. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass bei ihm eine Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Erkrankungen durch Erschütterungen bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen - vorliegt.

Nachdem die behandelnde Fachärztin für allgemeine Medizin Dr. L am 10. November 2002 mitgeteilt hatte, dass beim Kläger Schmerzen und eine Schwellung am rechten Handgelenk seit dem Frühjahr 2001 bestünden, Jahrzehnte lange berufliche Arbeit mit Rüttelmaschinen vermutlich zu einem Vibrationsschaden geführt habe und eine BK “Handgelenksarthrose rechts„ vorliege, nahm die Beklagte ihre Ermittlungen auf. Der beigefügte Radiologie-Bericht vom 02. November 2001 über eine am 30. Oktober 2001 gefertigte MRT-Aufnahme des rechten Handgelenks berichtete über eine ausgeprägte Discusläsion, eine Chondropathie, Baker zystenartige Ausstülpungen des Gelenkspaltes sowie zystische Veränderungen bei degenerativ wirkendem Befund. Nach dem Röntgenbefund für beide Handgelenke vom 13. März 2002 zeigte sich beidseits ein leicht verschmälerter Gelenkspalt bei unauffälliger Knochenstruktur im Bereich des distalen Unterarmes. Es wurde eine beginnende degenerative Veränderung der Handgelenke diagnostiziert.

Der Kläger gab unter dem 17. November 2002 an, er habe in der Zeit vom 01. September 1965 bis heute bei verschiedenen Firmen (Landbau P, Wohnungsbau N, Bau- und Montagekombinat F, Ingenieurhochbau B, S bzw. N F) als Maurer, Putzer, Betonarbeiter, Zimmermann und Rüster gearbeitet und hierbei in erheblichem Umfang Handarbeiten, Handstemm- und Elektrostemmarbeiten unter Einsatz von Rüttelbohlen, Bodenverdichtern, Presslufthämmern, Bohrern und Rüttlern verrichten müssen. Die Beschwerden seien im März 2001 erstmalig aufgetreten, wobei das rechte Handgelenk besondern betroffen gewesen sei .

Die Beklagte holte Auskünfte des Arbeitgebers des Klägers, der NCC Deutsche Bau GmbH, vom 09. Dezember 2002 sowie Befundberichte [BB] von seinen behandelnden Ärzten (Dr. L vom 09. Dezember 2002, Dr. S vom 23. Dezember 2002) ein. Dr. H, leitender Oberarzt des H-Klinikums Bad S/F, teilte auf Anfrage der Beklagten am 10. Februar 2003 mit, dass der Kläger ihn erstmals am 23. Oktober 2002 wegen Schmerzen im rechten Handgelenk unter Angabe einer beruflichen Exposition aufgesucht habe. Es sei eine Malazie des Os lunatum (Mondbeintod) rechts sowie ein Handgelenksganglion festgestellt worden. Ausweislich einer zur Vorbereitung einer Arthroskopie des rechten Handgelenks gefertigten MRT-Aufnahme vom 12. Februar 2003 ergab sich als zusätzliche Diagnose eine Arthritis (Knochenödem Os lunatum, Os capitatum und Os hamatum) bei ausgeprägtem Gelenkserguss mit vermehrtem synovialen Enhancement; bei bestehender Arthritis würde sich der MRT-Befund dahingehend einordnen (Bericht PD Dr. R, Fachärztin für diagnostische Radiologie, vom 17. Februar 2003).

Die Beklagte beauftragte daraufhin ihren technischen Aufsichtsdienst (TAD), der u. a. ein persönliches Gespräch mit dem Kläger über die nähe...

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