Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Firmenrente wegen Fluguntauglichkeit. kein Versorgungsbezug. Beitragspflicht bei freiwilliger Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine von der Lufthansa wegen Fluguntauglichkeit vorzeitig gewährte Firmenrente ist kein Versorgungsbezug wegen Einschränkung der Erwerbsfähigkeit.

 

Orientierungssatz

Im Rahmen einer freiwilligen Versicherung ist es im Gegensatz zu einer Pflichtversicherung nicht erforderlich, dass es sich bei einer Firmenrente wegen Fluguntauglichkeit um einen Versorgungbezug handelt. Für die Beitragspflichtigkeit reicht es aus, dass die Einnahmen geeignet waren, für den Lebensunterhalt verwandt zu werden.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.02.2022; Aktenzeichen B 12 KR 40/19 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2017 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2017 wird geändert. Die Beklagten werden verpflichtet, ihre Bescheide vom 27. November 2015, 18. Januar 2016 und 2. April 2016 zurückzunehmen und an die Klägerin die von ihr in der Zeit vom 1. Juli 2015 bis 30. September 2016 und vom 1. November 2016 bis 31. Dezember 2016 gezahlten Beiträge zu erstatten, die auf die von der Deutschen Lufthansa gewährten Firmenrente erhoben worden sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagten haben der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob von der L AG gewährte Leistungen wegen dauernder Flugunfähigkeit zur Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung der sozialen Pflegeversicherung heranzuziehen sind.

Die im Februar 1963 geborene Klägerin war bis zum 30. Juni 2015 bei der Deutschen L als Flugbegleiterin beschäftigt und bei den Beklagten pflichtversichert. Vom 1. Juli 2015 bis zum 30. September 2016 bezog sie Arbeitslosengeld. Anschließend war sie bis zum 31. Oktober 2016 als freiwilliges Mitglied bei den Beklagten versichert. Danach gewährte ihr die gesetzliche Rentenversicherung Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung, welche erneut eine Pflichtversicherung bei den Beklagten begründeten. Zum 31. Dezember 2016 kündigte die Klägerin ihre Mitgliedschaft bei den Beklagten.

Nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Deutschen LAG wegen dauernder Flugdienstunfähigkeit beendet worden war, gewährte der ehemalige Arbeitgeber ihr ab dem 1. Juli 2015 eine Firmenrente gemäß § 2 Tarifvertrag Übergangsversorgung Flugbegleiter in Höhe von zunächst 1.611,03 €. Durch Bescheid vom 27. November 2015 setzten die Beklagten von der Klägerin aus der Firmenrente zu zahlende Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2015 in Höhe von monatlich 249,71 € und 37,86 € fest. Durch weiteren Bescheid vom 18. Januar 2016 erhöhten sie den Beitrag zur Krankenversicherung wegen einer Veränderung des Zusatzbeitrags ab dem 1. Januar 2016 auf 254,54 €. Nach Erhöhung der Firmenrente bestimmten die Beklagten durch Bescheid vom 2. April 2016 die von der Klägerin ab dem 1. Januar 2016 zu zahlenden Beiträge nunmehr in Höhe von 260,14 € und 38,69 €. Ab dem 1. Oktober 2016 berechneten die Beklagten die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung mit 296,04 € und 44,03 €. Die von der Deutschen L an die Klägerin gezahlte Firmenrente wurde als Einkommen berücksichtigt.

In einem Schreiben vom 18. Juli 2016 hatte sich die Klägerin an die Beklagten gewandt und auf das Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 4/14 R verwiesen, wonach die Bezieher von Überbrückungsgeld beim Arbeitslosengeldbezug keine Beiträge entrichten müssten. Die Klägerin bat um Rückerstattung der von ihr seit Juli 2015 gezahlten Beiträge.

Am 8. September 2016 antworteten die Beklagten. Sie hätten von der Zahlstelle der Firmenrente die Auskunft erhalten, dass es sich bei der Übergangsversorgung wegen dauernder Flugdienstuntauglichkeit um eine Invaliditätsleistung handele, die der Sicherung des Lebensstandards diene. Entsprechend seien die monatlichen Zahlungen der L an die Klägerin als Versorgungsbezug und nicht als Übergangsgeld zu werten.

Die Klägerin legte Widerspruch ein, der von den Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2017 zurückgewiesen wurde. Das von der Klägerin genannte Urteil sei auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar, weil die Übergangsbezüge nicht aufgrund des Erreichens eines bestimmten Alters, sondern wegen einer dauernden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gezahlt würden. In Falle der Klägerin stelle das Übergangsgeld einen Versorgungsbezug dar, so dass die angegriffene Entscheidung korrekt und nicht zu beanstanden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende, am 23. März 2017 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangene Klage, mit der die Klägerin sich gegen die Erhebung von Beiträgen auf die ihr wegen Fluguntauglichkeit gewährten Übergangsbezüge wendet und die Erstattung der bereits geleisteten Beiträge...

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