Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Pflegeversicherung. Klage einer Pflegeperson auf Gewährung von Pflegegeld der Pflegestufe III. Prozessführungsbefugnis. Gewillkürte Prozessstandschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Anspruch auf Pflegegeld steht nur dem Versicherten, nicht aber der Pflegeperson zu. Die Pflegeperson kann den Anspruch daher nicht im eigenen Namen geltend machen.

2. Eine im eigenen Namen erhobene Klage kann nach Ablauf der Klagefrist nicht mehr in eine Klage in fremdem Namen geändert werden.

3. Auch für den Sonderrechtsnachfolger eines Versicherten ist das Sozialgerichtsverfahren grundsätzlich kostenfrei.

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch von Pflegebedürftigen auf Pflegegeld aus § 37 Abs. 1 S. 1 SGB XI steht allein dem Versicherten zu und begründet keinen direkten Anspruch der Pflegeperson. Für eine Klage auf Gewährung des Pflegegeldes fehlt es der Pflegeperson an der Prozessführungsbefugnis.

2. Eine gewillkürte Prozessstandschaft liegt nicht vor, wenn der Kläger weder erst- noch zweitinstanzlich offengelegt hat, dass er mit seiner Klage kein eigenes, sondern ein fremdes Recht geltend macht.

 

Normenkette

SGB XI § 37 Abs. 1 S. 1; SGG § 54 Abs. 1 Sätze 1-2, § 73 Abs. 1, § 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 183 S. 1, § 193 Abs. 1 S. 1; SGB I § 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 12. April 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt die Gewährung von Pflegegeld der Pflegestufe III für die Zeit vom 4. Dezember 2007 bis zum 31. Oktober 2008 durch die Beklagte.

Die 1921 geborene und 2009 verstorbene Versicherte erhielt nach einem Schlaganfall am 20. März 2005 und Entlassung aus der in der Folgezeit durchgeführten stationären Rehabilitation von der Beklagten seit dem 13. Juni 2005 Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung in Form von Pflegegeld der Pflegestufe II. Dem lag ein Gutachten zur Feststellung des Umfangs der Pflegebedürftigkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 18. Juli 2005 zugrunde, in dem ein Grundpflegebedarf von 170 Minuten am Tag sowie ein Zeitaufwand für die Hauswirtschaft im Wochendurchschnitt von 60 Minuten am Tag ermittelt wurde. Pflegeperson war der Kläger und Sohn der Versicherten, den diese mittels einer notariellen Vorsorgevollmacht zum Bevollmächtigten in allen persönlichen Angelegenheiten auch über den Tod hinaus bestellt hatte.

Im Rahmen einer im ersten Gutachten empfohlenen Nachbegutachtung ermittelte der MDK am 28. Juli 2006 bei einem Hausbesuch in der früheren, bereits ausgeräumten und im Anschluss an die Begutachtungsuntersuchung dem Vermieter zurückgegebenen Wohnung der Versicherten, die anschließend beim Kläger in dessen sanierungsbedürftiges Einfamilienhaus einzog, einen Grundpflegebedarf vom 216 Minuten bei unverändertem Bedarf an hauswirtschaftlicher Unterstützung.

Mit Antrag vom 4. Dezember 2007, eingegangen bei der Beklagten am 6. Dezember 2007, beantragte der Kläger für die Versicherte die Gewährung von Pflegegeld der Pflegestufe III. Nach Einholung eines weiteren Gutachtens des MDK vom 17. Januar 2008, in dem ein Grundpflegebedarf von 187 Minuten am Tag bei weiterhin unverändertem hauswirtschaftlichen Hilfebedarf festgestellt wurde, lehnte die Beklagte die Gewährung höherer Leistungen mit Bescheid vom 31. Januar 2008 ab. Auf den vom Kläger für die Versicherte eingelegten Widerspruch holte die Beklagte erneut ein Pflegegutachten durch den MDK vom 5. Mai 2008 ein, nach dem bei ebenfalls unverändertem hauswirtschaftlichen Bedarf ein Grundpflegebedarf von 213 Minuten am Tag ermittelt wurde. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2008 zurück.

Der Kläger hat am 8. August 2008 vertreten durch einen von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalt Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben, mit der er beantragt hat, den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 4. Dezember 2007 Pflegegeld nach der Pflegestufe III wegen der Pflege der Versicherten zu gewähren. Zur Begründung verwies der Kläger darauf, er wende sich in erster Linie gegen die Berechnung des Zeitaufwandes, der ihm für die Pflege der Versicherten entstanden sei. Auf einen entsprechenden Schriftsatz der Beklagten vom 8. Januar 2009, dass die Versicherte “die Klägerin ist„ und es einer Änderung des Rubrums bedürfe, hat das Sozialgericht Cottbus im Rubrum die Versicherte, vertreten durch den Kläger, dieser vertreten durch den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, notiert.

Nachdem die Beklagte ein weiteres Pflegegutachten durch den MDK vom 23. Februar 2009 veranlasst hatte, in dem ein Grundpflegebedarf von 274 Minuten im Tagesdurchschnitt festgestellt wurde, hat die Beklagte einen Anspruch der Versicherten auf Leistungen in Form von Pflegegeld der Pflegestufe III ab dem 1. November 2008 a...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge