Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Auswahlkriterien. Nachbesetzung. Vertragsarztsitz. Zulässigkeit einer Missbrauchskontrolle. Zulassungsgremium. Entscheidung für einen von mehreren Bewerbern. Beginn der dreimonatigen Frist nach § 19 Abs 3 Ärzte-ZV

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen in einem gesperrten Planungsbereich ist eine Missbrauchskontrolle zulässig und ggf. auch geboten (hier: Erklärung der verbliebenen Partnerin einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, nur mit einer über 70-jährigen Bewerberin, die seit 7 Jahren im Ruhestand ist, zusammen arbeiten zu wollen).

2. Lässt ein Zulassungsgremium einen von mehreren Bewerbern für einen nachzubesetzenden Vertragsarztsitz in einem gesperrten Planungsbereich zu, lehnt es damit zugleich die Anträge aller anderen Bewerber ab, auch wenn dies nicht im Entscheidungstenor zum Ausdruck kommt.

3. Die Frist von drei Monaten nach § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV beginnt trotz Zustellung des Zulassungsbeschlusses nicht, wenn die Zulassung mit einer noch nicht eingetretenen aufschiebenden Bedingung verbunden ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.12.2013; Aktenzeichen B 6 KA 49/12 R)

 

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 8) und 9) gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Mai 2011 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des Senats zugrunde zu legen hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens - einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 7) - tragen die Klägerin und die Beigeladenen zu 8) und 9) gesamtschuldnerisch. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 6) tragen diese selbst.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8).

Dieser wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1992 als Arzt für Radiologie im damaligen Verwaltungsbezirk T zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Seit Juli 2005 übt er seine vertragsärztliche Tätigkeit in der A Straße im (jetzigen) Verwaltungsbezirk T- aus. Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 genehmigte der Zulassungsausschuss (Beschluss vom 16. Dezember 2008, ausgefertigt am 19. Februar 2009 und zugegangen am 22. Februar 2010), ihm und der Beigeladenen zu 9), einer Fachärztin für Radiologische Diagnostik mit Vertragsarztsitz in der Estraße (ebenfalls Bezirk T-), das Führen einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) mit der Hauptbetriebsstätte am Vertragsarztsitz der Beigeladenen zu 9) und der Nebenbetriebsstätte am Vertragsarztsitz des Beigeladenen zu 8). Hierzu hatten diese beiden Beigeladenen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages vom 7. Dezember 2009 gegründet, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 132 bis 164 bzw. Blatt 409 der Gerichtsakte verwiesen wird.

Am 3. März 2010 schlossen die Beigeladenen zu 8) und 9) einen “Vertrag über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen„ mit u. a. folgendem Inhalt:

Präambel

(Der Beigeladene zu 8) und die Beigeladene zu 9)) nehmen jeweils in Einzelpraxen an der privat- und vertragsärztlichen Versorgung in den Standorten AStraße 2 in Berlin bzw. Estraße in Berlin teil.

Die Parteien beabsichtigen nunmehr, zukünftig ihre privat- und vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam auszuüben und gründen hierzu eine Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die als überörtliche, fachgleiche Berufsausübungsgemeinschaft innerhalb des Planungsbereiches Berlin zum 01.01.2010 errichtet wurde.

(Der Beigeladene zu 8)) beabsichtigt jedoch bereits zum jetzigen Zeitpunkt, im Jahre 2010 aus der Gesellschaft auszuscheiden, da er seine privat- und vertragsärztliche Tätigkeit beenden möchte. (Der Beigeladene zu 8)) wird daher seinen Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung ausschreiben lassen.

(Die Beigeladene zu 9))beabsichtigt nach Gründung der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft, die Geschäftsanteile von (dem Beigeladenen zu 8)) käuflich zu erwerben und einen Facharzt für diagnostische Radiologie zu benennen, der sich auf den Vertragsarztsitz von (dem Beigeladenen zu 8)) bewirbt. Der von (der Beigeladenen zu 9)) noch zu benennende Facharzt für diagnostische Radiologie wird sich sodann mit ihr über den Beitritt zur überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft verständigen.

Zur Umsetzung dieser Nachfolge vereinbaren die Parteien im Einzelnen Folgendes:

§ 1

Übertragung der Gesellschaftsanteile

(1) Der Verkäufer überträgt der Erwerberin mit Wirkung zum Ablauf des 01.07.2010 seinen Anteil an der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie sein im Sonderbetriebsvermögen befindliches materielles und immaterielles Vermögen.

(2) Als Kaufpreis für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zahlt die Erwerberin an den Verkäufer einen Betrag in Höhe von … (in Worten: ….).

(3) Der Kaufpreis ist bei Bestandskraft der vertragsärztlichen Zulassung des von der E...

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