Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versicherungspflicht. Versicherungsfreiheit. Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft ohne qualifizierte Anteilsmehrheit. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung

 

Leitsatz (amtlich)

Vorstände einer Aktiengesellschaft ohne qualifizierte Anteilsmehrheit an der Aktiengesellschaft sind regelmäßig abhängig beschäftigt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Juli 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Klägerin, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen Klägerin und Beklagte jeweils zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens zuletzt über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung in seiner Tätigkeit als Vorstand der Klägerin in der Zeit ab dem 5. März 2007 bis zum 31. Dezember 2011.

Die Klägerin ist eine im März 2007 errichtete Aktiengesellschaft, die im Bereich des Immobilienmarktes Dienstleistungen anbietet. Gegenstand der Unternehmens ist der Erwerb von Immobilien, deren Vermietung oder Veräußerung, die Planung und Leitung von Sanierungs- oder Neubauvorhaben sowie die Planung technischer Anlagen. Durch Aufsichtsratsbeschluss vom 5. März 2007 wurde der Beigeladene zu 1) mit Wirkung zum 5. März 2007 zum Vorstand der Klägerin bestellt. Er war im streitigen Zeitraum mit einem Anteil von 10 % an der Klägerin beteiligt. 90 % der Anteile hielt der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Klägerin, U-K F. Weitere Mitglieder des Aufsichtsrates waren bei Gründung der Klägerin S E und Dr. S S. Die Satzung der Klägerin enthält u. a. folgende Regelungen:

§ 5 Der Vorstand

1. Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus einem oder mehreren Mitgliedern. Die Zahl der Mitglieder wird vom Aufsichtsrat festgelegt.

2. Die Gesellschaft wird durch zwei Vorstandmitglieder oder durch ein Vorstandmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Ist nur ein Vorstandmitglied bestellt, vertritt dieses die Gesellschaft allein. Alleinvertretungsbefugnis und - im Rahmen von § 112 AktG - Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann erteilt werden.

3. Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.

4. Bei Geschäftsentscheidungen, die den Erwerb und den Verkauf von Grundstücken und Immobilien oder den Erwerb oder die Veräußerung von Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen betreffen, ist die Zustimmung der Aktionäre mit einer Aktienmehrheit in Summe von min. 51% zwingend erforderlich.

5. Der Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand ist Sache des Aufsichtsrates.

§ 7 Hauptversammlung

1. Die Hauptversammlung findet am Sitz der Gesellschaft statt.

2. Sie wird vom Vorstand unter Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften einberufen.

3. Zur Teilnahme an der Hauptversammlung ist jeder Aktionär berechtigt.

4. Den Vorsitz in der Hauptversammlung führt der Vorsitzende des Aufsichtsrates, im Fall seiner Verhinderung sein Stellvertreter. Sind beide verhindert, wird der Vorsitzende durch die Hauptversammlung gewählt.

5. Der Vorsitzende leitet die Versammlung. Er bestimmt die Reihenfolge, in der die Gegenstände der Tagesordnung verhandelt werden, sowie Art und Reihenfolge der Abstimmungen.

6. Jede Aktie gewährt in der Hauptversammlung eine Stimme.

7. Die Beschlüsse der Hauptversammlung werden, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen und, sofern das Gesetz außer der Stimmenmehrheit eine Kapitalmehrheit vorschreibt, mit der einfachen Mehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst.

Der Beigeladene zu 1) ist freiberuflicher Architekt. Zuletzt war er bis zum 31. Dezember 2005 bei der Beigeladenen zu 3) gesetzlich krankenversichert. Seither ist er privat krankenversichert. Seine Tätigkeit als Vorstand übt er aufgrund eines “Anstellungsvertrages„ vom 5. März 2007 aus. Dieser Vertrag enthält u.a. die folgenden Regelungen:

§ 1 Aufgaben

1. Herr M P ist durch Beschluss des Aufsichtsrats vom 05.03.2007 für die Dauer von einem Jahr zum Vorstand der K&M C AG bestellt worden, er hat die Bestellung am selben Tag angenommen.

2. Herr M P führt die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung, der vom Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung für den Vorstand und dessen Dienstvertrag.

3. Leistungen, wie Planung und das Projektmanagement für Objekte der Gesellschaft werden über zu vereinbarende Honorarverträge vergütet. Diese Verträge sind grundsätzlich durch den Aufsichtsrat zu genehmigen.

4. Herr M P hat seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Jede entgeltliche oder unentgeltliche Nebentätigkeit, zu der auch die Ausübung von Aufsichtsratsmandate...

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