Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Unionsbürger. Europarechtskonformität

 

Orientierungssatz

1. Erwerbsfähige rumänische oder bulgarische Staatsangehörige, deren Aufenthaltsrecht in Deutschland sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, haben gem § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gem § 86b Abs 2 S 2 SGG für eine einstweilige Anordnung notwendige Überzeugung des Gericht von der Europarechtswidrigkeit des Leistungsausschlusses ist nicht gegeben.

2. Ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen lässt sich für Unionsbürger nicht aus § 2 Abs 1, Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 FreizügG/EU 2004 ableiten, wenn weder eine selbstständige Erwerbstätigkeit noch eine abhängige Beschäftigung im ausreichenden Umfang glaubhaft gemacht werden kann.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -.

Die Antragsteller zu 1. und 2. sind die miteinander verheirateten Eltern der in den Jahren 1988, 1992, 1994, 1996, 1999 und 2001 geborenen Antragsteller zu 3. bis 8. Alle sind rumänische Staatsangehörige, die im September 2010 aus Rumänien, wo sie ein Eigenheim besitzen, nach Deutschland eingereist und seit November 2010 im Besitz einer Bescheinigung gemäß § 5 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - FreizügG/EU - sind.

Der Antragsteller zu 1. meldete am 4. November 2010 ein Gewerbe für die Tätigkeit “Abriss- und Hausmeister-Service„ an. Die Anträge der Antragsteller zu 2. bis 6. auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU lehnte die Bundesagentur für Arbeit mit Bescheiden vom 3. März 2011 ab. Für ihre Kinder, die Antragsteller zu 3. bis 8., erhalten die Antragsteller zu 1. und 2. ein Kindergeld in Höhe von monatlich 1.203,- Euro.

Die Antragsteller sind seit dem 29. September 2010 in der K, B gemeldet. Für die Wohnung entrichten sie - jeweils bar - eine monatliche Kaltmiete von 463,40 Euro zuzüglich Betriebskosten von 97,66 Euro, darüber hinaus Heizkosten von 59,- Euro. Sie sind bei der A zu einem monatlichen Beitrag von 221,15 Euro krankenversichert (Familienversicherung). Am 27. Dezember 2011 bestanden Mietschulden in Höhe von 600,- Euro, am 28. Dezember 2011 eine Forderung der A in Höhe von 461,71 Euro.

Am 20. Oktober 2011 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsteller zu 1., der über einen rumänischen Hauptschulabschluss verfügt und in Rumänien zuletzt bis Ende 2003 als Helfer im Hochbau tätig war, gab an, seit 2011 Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit zu erzielen. Er schätzte bei Antragstellung seine voraussichtlichen Betriebseinnahmen für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis 30. April 2012 auf monatlich 600,- Euro. Im April 2011 habe er einen Gewinn von 650,- Euro und in den Monaten Mai 2011 bis Oktober 2011 jeweils von 480,- Euro erzielt. Er legte die Kopie eines Vertrages vom 25. April 2011 vor, mit dem die Firma B Gebäudereinigung, A R, B der Firma S I & V, K, B bezüglich des Objekts “Cine Star Sony Original, P„ die “unterhaltsreinigungsarbeit ab 01.05.2011„ gegen eine Vergütung in Höhe von monatlich 480,- Euro netto übertrug. Darüber hinaus legte er Kopien von Rechnungen und Quittungen über Barauszahlungen über jeweils 480,- Euro vor, wobei sich die Rechnungen mit den Nummern 09/11 und 10/11 auf den Ausführungszeitraum September bezogen. Weitere Kopien von Rechnungen und Quittungen beziehen sich auf die “Unterhaltsreinigung B„ im Ausführungszeitraum Januar bis April 2011 und beinhalten Beträge von jeweils 950,- Euro für die Monate Januar und Februar 2011 bzw. jeweils 650,- Euro für die Monate März und April 2011.

Ausweislich der eingereichten Kontoauszüge des Kontos der Antragstellerin zu 2. mit der Nummer bei der Berliner S (Bankleitzahl ) wies der Kontostand am 24. Oktober 2011 ein Defizit von 2.595,06 Euro auf. Von dem Konto wurden am 15. und 16. September 2011 Beträge von 1.950,- Euro bzw. 1.200,- Euro am Geldautomaten abgehoben. Am 17. Oktober 2011 wurde ein Betrag von 1.190,- Euro abgehoben, am 16. November 2011 ein Betrag von 950,- Euro, am 15. Dezember 2011 Beträge von 440,- und 560,- Euro, am 16. Januar 2012 ein Betrag von 920,- Euro. Lastschriften von N und L erfolgten ab September 2011 in Höhe von 2,78 Euro (N, 09.09.2011), 6,04 Euro (L, 22.09.2011), 13,59 Euro (N, 22.11.2011) und 4,45 Euro (N, 23.11.2011). Am 24. Oktober 2011 ist eine Abbuchung in Höhe von 9,99 von S ersichtlich, am 24. bzw. 25. November 2011 eine in Höhe von 5,- bzw. 5,99 Euro von A. Des Weiteren sind in den Monaten September und Oktob...

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