Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. Konkurrenzursache. Wespenstich. Todesursache. Wespengiftallergie. Beweislast. Hausmeister

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Wespenstich während der versicherten Tätigkeit ist grundsätzlich ein Arbeitsunfall. Stirbt der Versicherte in der zeitlichen Folge und lässt sich die Todesursache ebenso wenig klären wie die Frage, ob der Versicherte an einer Wespengiftallergie litt, kann ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Wespenstich und Tod nicht mit Wahrscheinlichkeit bejaht werden.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Hinterbliebenenrente.

Die Klägerin ist Witwe des am ... 1951 geborenen H. G. (nachfolgend: Versicherter). Dieser holte am 1. Juli 2003 im Rahmen seiner Beschäftigung als Hausmeister Firmenpost auf der Poststelle in N. ab. Auf der Rückfahrt kaufte er, wie dies öfters geschah, Brötchen für die Kantine seines Arbeitgebers in einer Verkaufsstelle der Bäckerei M. ein.

Gegenüber der Verkäuferin A. R. gab der Versicherte an, dass ihn eine Wespe gestochen habe und ihm übel werde. Nachdem der Versicherte die Verkaufsstelle verlassen hatte, fiel der Verkäuferin auf, dass sein Wagen nicht wegfuhr. Sie sah nach und fand den Versicherten leblos in seinem Auto sitzend. Der hinzu gerufene Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. traf 10 bis 15 Minuten später ein und stellte den Tod fest. Reanimationsversuche durch die Notärztin E.-D. blieben erfolglos. Ein allergisches Exanthem (entzündliche Hautveränderung) oder ein Kehlkopfödem (Glottisödem) wurden nicht festgestellt. Als Todesursache vermerkte Dr. G. eine schwere Anaphylaxie nach Wespenstich. Eine Obduktion fand nicht statt. Der Beklagten gemeldet wurde der Vorgang am 15. Juli 2003, als der Versicherte bereits beerdigt war. Eine Exhumierung lehnte die Klägerin ab.

Während seiner Tätigkeit als Hausmeister und auch im eigenen Garten war der Versicherte schon öfters von Insekten gestochen worden, ohne dass es zu allergischen Reaktionen gekommen war.

Mit Bescheid vom 13. April 2004 und Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab, da ein anaphylaktischer Schock nach Wespenstich und damit ein Arbeitsunfall nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei.

Die Klägerin hat am 10. August 2004 Klage bei dem Sozialgericht Heilbronn mit dem Ziel der Gewährung von Witwenrente erhoben. Mit Urteil vom 19. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Versicherte tatsächlich von einer Wespe gestochen worden sei. Jedenfalls sprächen keine überwiegenden Gründe dafür, dass der Tod des Versicherten hierauf zurückzuführen sei. Insbesondere sei kein Kehlkopfödem festgestellt worden.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 21. Juli 2005 zugestellte Urteil am 18. August 2005 Berufung eingelegt.

Dr. G. und die Ärztin E.-D. sind als sachverständige Zeugen gehört worden. Die Ärztin E.-D. hat erklärt, dass es möglich, aber nur gering wahrscheinlich sei, dass ein Kehlkopfödem bei der Intubation des Versicherten nicht aufgefallen wäre. Auch Dr. G. hat ein Kehlkopfödem "mit großer Wahrscheinlichkeit„ ausgeschlossen.

Prof. Dr. M. , Geschäftsführender Direktor des Instituts für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin des Universitätsklinikums H. , hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten nach Aktenlage erstattet. In Anbetracht des engen zeitlichen Zusammenhangs sei es überwiegend wahrscheinlich, dass der Tod des Versicherten infolge des Wespenstiches erfolgt sei. Das fehlende Kehlkopfödem schließe einen anaphylaktischen Schock nicht aus. Rein hypothetisch könne der Versicherte auch auf Grund zahlreicher anderer Ursachen gestorben sein. Es gebe jedoch keine andere Todesursache, die vergleichbar gut anhand der Symptome begründet werden könne.

Die Klägerin stützt sich auf das Gutachten von Prof. Dr. M. .

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 13. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Wespenstich sei nicht bewiesen. Auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. M. sei ein Zusammenhang zwischen dem Wespenstich und dem Tod nicht hinreichend wahrscheinlich.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Beruf...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge