nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Reutlingen (Entscheidung vom 03.08.2000; Aktenzeichen S 6 U 2391/99)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen B 2 U 22/02 R)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird des Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. August 2000 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 1999 verurteilt, ihm erneute Wohnungshilfe gemäß dem Antrag vom 16. Juni 1999 zu gewähren und über deren Art und Höhe nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt erneute Wohnungshilfe.

Der am 1967 geborene Kläger erlitt am 6. Dezember 1990 einen (durch Bescheid der Badischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft vom 23. Juli 1991 anerkannten) Arbeitsunfall, wegen dessen Folgen er querschnittsgelähmt und auf die Benutzung eines Rollstuhles angewiesen ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 1991 erwarb der Kläger (gemeinsam mit Frau R., seiner Lebensgefährtin) ein Einfamilienhaus in der ( ) Gemeinde N. zum Preis von 320.000,- DM. Die Beklagte gewährte ihm für den behindertengerechten Umbau des Hauses einen Zuschuss in Höhe von 59.583,48 DM als Wohnungshilfe. Unter dem 16. Juni 1999 teilte der Kläger der Beklagten unter Beifügung entsprechender Unterlagen mit, er habe in der Gemeinde H. (im S. ) ein Fertighaus zum Preis von 305.723,- DM erworben; darin seien behinderungsbedingte (unfallbedingte) Mehrkosten in Höhe von 27.640,- DM enthalten. Das Haus in N. habe er für 350.000,- DM verkauft.

Mit Bescheid vom 5. Juli 1999 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger erneut Wohnungshilfe zu gewähren. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe seinen Wohnsitz aus privaten Gründen und nicht wegen der Folgen des Arbeitsunfalls ins S. verlegt.

Der Kläger legte Widerspruch ein und trug vor, er müsse ins S. umziehen, weil alle seine Familienangehörigen und Verwandten dort wohnten und er deshalb in N. ganz auf sich allein gestellt wäre. Im S. könne er mehr soziale Kontakte knüpfen und die medizinische Versorgung besser in Anspruch nehmen. Möglicherweise könne er auch eine Beschäftigung im Taxiunternehmen seines Bruder finden. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 1999 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück.

Am 9. September 1999 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Zur Begründung trug er vor, in N. habe er einen Tabakwarenladen und einen Intimshop betrieben, wobei ihm seine (aus dem S. stammende) Mutter, sein Bruder, seine Schwester und deren Ehegatten geholfen hätten. Nachdem seine gesamte Familie wieder ins S. gezogen sei, habe er sein Geschäft, das er allein nicht betreiben könne, schließen müssen. Er habe sich deshalb aus beruflichen und privaten Gründen zu einem Umzug ins S. entschlossen. Außerdem habe er des Taxiunternehmen seines Vaters nach dessen Tod (am 23. März 2000) übernommen, wie aus der Genehmigungsurkunde der Stadt S über die Genehmigung zur Ausführung des Verkehrs mit Taxen nach § 47 PBefG vom 16. Juni 1999 und aus der Bescheinigung der IHK S über die (am 3. Juli 2000 bestandene) Taxiunternehmerprüfung ersichtlich sei.

Mit Urteil vom 3. August 2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es führte aus, für die Gewährung von Wohnungshilfe gemäß § 41 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) seien die Wohnungshilferichtlinien der Unfallversicherungsträger maßgeblich. Nach Nr. 4.3 dieser Richtlinien werde erneute Wohnungshilfe nur in besonderen Ausnahmefällen bewilligt, wenn der Versicherte die Aufgabe der (zuerst) bezuschussten Wohnung nicht zu vertreten habe. Daran fehle es hier. Der Kläger habe seinen Wohnsitz letztendlich aus privaten Gründen verlegt, die einen Umzug nicht zwingend geboten hätten. Die Folgen des Unfalls, den der Kläger seinerzeit erlitten habe, hätten ihn nicht daran gehindert, weiterhin die mit Mitteln der Wohnungshilfe geförderte behindertengerechte Wohnung in N. zu bewohnen. Der Umzug ins S. sei nicht unumgänglich gewesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 18. Oktober 2000 zugestellt.

Am 30. Oktober 2000 hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Er sei aus beruflichen Gründen ins S. gezogen und betreibe dort das Taxiunternehmen seines verstorbenen Vaters, wofür er die Hilfe von Familienangehörigen nicht brauche. Außerdem sei es ihm um die familiäre Integration gegangen, nachdem er in N. letztendlich mehr oder weniger allein gewesen wäre. Die Beklagte lege die Wohnungshilferichtlinien zu eng aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 3. August 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 1999 zu verurteilen, ihm erneute Wohnungshilfe gemäß dem Antrag vom 16. Juni 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung...

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