Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Vorverfahrenskosten. Verbandsvertreter als Bevollmächtigter. Höhe der notwendigen Aufwendungen der Rechtsverfolgung

 

Orientierungssatz

1. Es gibt zwischen Rechtsanwälten und Verbandsvertretern als (möglichen) Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren keine Unterschiede, die eine gänzlich abweichende Behandlung bei der Kostenerstattung nach § 63 SGB 10 hinreichend begründen könnten (zur vergleichbaren Rechtslage nach dem damals noch geltenden RBerG vgl BSG vom 29.3.2007 - B 9a SB 3/05 R = BSGE 98, 183 = SozR 4-1300 § 63 Nr 6).

2. Zum vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

3. Es entspricht der Forderung des vereinsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, bedürftigen Mitgliedern den Zugang zu einer Verbandsleistung durch eine Zuwendung zu erleichtern, die nicht bedürftigen Mitgliedern auch wirtschaftlich offensteht.

4. Der Ausschluss des Kostenerstattungsanspruches des verbandsvertretenen Widerspruchsführers nach § 63 Abs 1 SGB 10 wegen Absicherung des Kostenrisikos im Unterliegensfall stellte eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte dar (vgl LSG Stuttgart vom 11.12.2013 - L 2 AS 4275/12).

5. Bei der Frage der Gleichbehandlung im Rahmen des Kostenerstattungsanspruches stellt die Zuwendung des Verbandes kein sachgerechtes Unterscheidungskriterium dar.

6. Solange eine zulässig bestimmte Kostenpauschale unter den zu veranschlagenden Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts liegt, kann die Notwendigkeit entsprechender Aufwendungen nicht bezweifelt werden (vgl BSG vom 29.3.2007 - B 9a SB 3/05 R aaO).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. April 2012 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 12. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2011 verurteilt, dem Kläger weitere € 141, 33 zu zahlen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zu erstattenden Aufwendungen für ein teilweise erfolgreiches Widerspruchsverfahren.

Der 1956 geborene Kläger ist seit 1. Juli 2006 Mitglied des Sozialverbandes e.V., Sitz S. Durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung 2008, eingetragen im Vereinsregister des Amtsgerichts (AG) S. am 13. Januar und 29. April 2009, wurden u.a. die §§ 2 und 7 der Satzung geändert und erhielten folgende Fassung:

Ҥ 2 Wesen und Zweck des

2. Der … verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts “steuerbegünstigte Zwecke„ der Abgabenordnung. Der ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke…

3. Mittel des dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Zuwendungen an die Mitglieder des sind nur zulässig, wenn und soweit sie durch die Bestimmungen dieser Satzung geregelt sind…

4. Der Verbandszweck soll vornehmlich erreicht werden durch

a. …

b. Betreuung des in § 3 Ziff. 1 und 2 genannten Personenkreises in versorgungs-, fürsorge-, sozialversicherungs-, behinderten-, sozialhilfe- und in anderen sozialrechtlichen Angelegenheiten sowie in der Altenhilfe und Altenarbeit; wird die Betreuung durch eine rechtlich selbständige Kapitalgesellschaft oder deren Mitarbeiter wahrgenommen, so müssen sämtliche Anteile an einer solchen Gesellschaft vom VdK gehalten werden. …

§ 7 Rechte und Pflichten der Mitglieder

1. Jedes Mitglied hat das Recht der Inanspruchnahme der Verbandseinrichtungen, der Beteiligung an Mitgliederversammlungen und Wahlen, solange es seine Verpflichtungen dem VdK gegenüber erfüllt. …

4. Die Mitglieder haben das Recht, bei der Verfolgung ihrer versorgungs-, fürsorge-, sozialversicherungs-, behinderten-, sozialhilfe- und anderen sozialrechtlichen Ansprüche die Hilfe des in Anspruch zu nehmen. Ein Hilfeanspruch besteht nicht, wenn das Hilfebegehren offensichtlich unbegründet ist oder ihm deshalb nicht entsprochen werden kann, weil die Vertretungsbefugnis fehlt. Insbesondere für bürgerliche Rechtstreitigkeiten und bei Strafverfolgung der Mitglieder gibt es keinen Vertretungsanspruch. Soweit für die Wahrnehmung der betreffenden Aufgaben die vom errichtete Sozialrechtsschutz gGmbH mit dem Sitz in S. besteht, leistet der seine Hilfe durch Einschaltung dieser Gesellschaft.

5. Die Bearbeitung von Vorverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz oder der Verwaltungsgerichtsordnung und die Vertretung vor den Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten sowie den Landessozialgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof obliegt der vom errichteten Sozialrechtsschutz gGmbH mit Sitz in S. und ihren Geschäftsführern und Mitarbeitern. Die Vertretung von Mitgliedern in Verfahren vor dem Bundessozialgericht wird durch den Sozialverband e.V. mit dem Sitz in B. wahrgenommen.

6. Die durch die Bearbeitung von Vorverfahren und/oder gerichtlichen Verfahren entstehenden Kosten der Sozialrechtsschutz gGmbH hat das jeweils vertretene Mitgli...

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