Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. physiotherapeutische Behandlung. Vergütungsanspruch des Leistungserbringers. eigenständiger vom Leistungsanspruch des Versicherten unabhängiger Anspruch. Heilmittelverordnung des Vertragsarztes. Voraussetzung für Vergütungsanspruch des Heilmittelerbringers gegen die Krankenkasse. Heilmittelrichtlinien. Verbindlichkeit für die Heilmittelerbringer. Prüfpflicht des Heilmittelerbringers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus § 125 SGB 5 iVm mit dem nach Abs 2 dieser Vorschrift geschlossenen Rahmenvertrag ergibt sich ein gegen die Krankenkasse des Versicherten gerichteter Vergütungsanspruch des Heilmittelerbringers. Dieser Vergütungsanspruch hat ua eine wirksame Verordnung eines Vertragsarztes zur Voraussetzung.

2. Die vertragsärztliche Verordnung von Heilmitteln ist unwirksam, wenn sie gegen geltendes Recht, wozu auch die vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Heilmittel-Richtlinien gehören, verstößt.

 

Orientierungssatz

Da die Heilmittelrichtlinien gegenüber dem Heilmittelerbringer verbindlich und daher von ihm zu beachten sind, ist ihm die Berufung auf den Inhalt der ärztlichen Verordnung verwehrt, wenn er erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass die vertragsärztliche Verordnung nicht mit den Heilmittelrichtlinien übereinstimmt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.09.2011; Aktenzeichen B 1 KR 23/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Februar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51,84 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung von weiteren vier physiotherapeutischen Behandlungen streitig.

Der Kläger betreibt eine Praxis für Physiotherapie und ist gemäß § 124 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Versorgung der Versicherten der beklagten Krankenkasse mit physiotherapeutischen Leistungen zugelassen. Er ist Mitglied in einem Berufsverband, der mit dem Landesverband der Beklagten am 16. Juli 2002 den am 1. Dezember 2002 in Kraft getretenen und mit Wirkung zum 31. Dezember 2006 wieder gekündigten “Rahmenvertrag nach § 125 Abs 2 SGB V„ (im Folgenden RV) geschlossen hat.

Der RV regelt die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen, die Vergütung der Leistungen und deren Abrechnung, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner sowie die Folgen von Vertragsverstößen (§ 2 Ziff 1 RV). Nach § 16 Ziff 1 RV erfolgt die Vergütung der vertraglich erbrachten Leistungen nach einer sich in Anlage 5 befindlichen Preisvereinbarung. Der Preisvereinbarung ist eine Preisliste beigefügt, aus der sich die Preise für die jeweiligen Leistungen unter Angabe der Behandlungsdauer ergeben. Nach § 3

 Nr 1 Satz 1 RV bestimmt Art und Umfang der Leistungen der Vertragsarzt. Zur Abgabe dieser Leistungen ist der Leistungserbringer im Rahmen der sich aus Anlage 3 ergebenden Leistungsbeschreibung berechtigt und verpflichtet (§ 3 Nr 1 Satz 2 RV). In Anlage 3 sind die einzelnen Leistungen beschrieben, wobei in den Grundätzen vereinbart ist, dass die Leistungsbeschreibung die Heilmittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V (im Folgenden HMR) berücksichtigt. Bei Änderungen der HMR sollen Anpassungen erfolgen. Die Leistungsbeschreibungen enthalten auch Ausführungen zur Regelbehandlungszeit, die als Richtwerte gelten sollen. In § 4 RV ist die “Verordnung/Kooperation zwischen Leistungserbringer und Vertragsarzt/ Behandlungsdurchführung„ regelt. Nach Nr 1 der Regelung dürfen Vertragsleistungen der Anlage 3 nur ausgeführt werden, wenn sie von einem Vertragsarzt verordnet sind. Diagnose, Art und Anzahl der Leistungen ergeben sich nach Nr 3 der Regelung aus der vom Vertragsarzt ausgestellten Verordnung. Weiter heißt es: “Die vertragsärztliche Verordnung kann nur ausgeführt werden, wenn diese für die Behandlung erforderlichen Informationen enthalten sind. Dem Leistungserbringer obliegt insoweit jedoch keine Prüfpflicht.„ Nach Nr 7 des § 4 RV ist der Leistungserbringer nicht berechtigt, vertragsärztliche Verordnungen außer nach Nr 8 zu ändern oder zu ergänzen, es sei denn es wurde zuvor telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Vertragsarzt genommen und von dort genehmigte Änderungen der Verordnung werden mit Datum und Handzeichen des Leistungserbringers auf dem Verordnungsblatt vermerkt. In Nr 8 sind ua Fälle geregelt, in denen bei verspätetem Beginn oder überlanger Behandlungsunterbrechung die Verordnung ungültig wird. Nach Nr 10 besteht für Leistungen auf der Basis einer ungültigen Verordnung im Sinne des Nr 8 kein Vergütungsanspruch. Bei einer Kündigung bzw Teilkündigung des RV bestehen die Regelungen des RV bzw der jeweiligen Anlage bis zu einer neuen vertraglichen Regelung unverändert weiter.

Mit der am 9. Juli 2008 ausgestellten Heilmittelverordnung wurden durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. E. an den ...

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