Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Elterngeld. nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer. Aufenthaltserlaubnis mit Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Verfassungsrecht. Gleichheitssatz

 

Orientierungssatz

1. Indem § 1 Abs 7 Nr 2 Halbs 1 BEEG verlangt, dass der nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, bringt er deutlich zum Ausdruck, dass die betreffende Aufenthaltserlaubnis - entweder aus der Art des Aufenthaltstitels selbst oder aus einer diesem ausdrücklich beigefügten Nebenbestimmung - zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben muss (vgl BSG vom 30.09.2010 - B 10 EG 9/09 R = BSGE 107, 1 = SozR 4-7837 § 1 Nr 2).

2. Der Ausschluss von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern, denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt ist, von Leistungen nach dem BEEG ist nicht grundgesetzwidrig.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.10.2014; Aktenzeichen B 10 EG 15/14 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz

vom 11.06.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung von Elterngeld für die ersten 12 Monate ab Geburt des Kindes E. hat.

Die im Jahr 1976 geborene Klägerin ist die Mutter des 2008 geborenen Kindes E. Die Klägerin ist kongolesische Staatsangehörige und hält sich nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2001 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Vom 09.09.2008 bis 08.11.2009 war die Klägerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit dem Zusatz “Erwerbstätigkeit nicht gestattet„. Weiter teilte die Stadt F., Abteilung Ausländerwesen, mit, dass sich die Klägerin seit 09.06.2005 rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.

Am 19.09.2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Elterngeld für die ersten 12 Monate ab Geburt des Kindes E. Mit Bescheid vom 13.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG nur dann zum Elterngeldbezug berechtige, wenn die Klägerin berechtigt sei, erwerbstätig zu sein.

Hiergegen legte die Klägerin am 23.10.2008 Widerspruch mit der Begründung ein, dass der Bescheid zwar der derzeitigen Rechtslage entspreche. Die derzeitige Rechtslage stehe aber im Widerspruch zur Verfassung. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs 7 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nicht erfülle.

Hiergegen hat die Klägerin am 21.01.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben (früheres Az: S 8 EL 249/09). In der Zeit vom 25.05.2009 bis 04.11.2012 ruhte das Verfahren (nach Wiederanrufung Az: S 8 EG 2770/12).

Die Klägerin führt an, dass sie die Voraussetzungen für die Ausübung einer Beschäftigung erfülle. Ihr Aufenthaltstitel enthalte lediglich einen deklaratorischen Vermerk über ein Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt.

Mit Urteil vom 11.06.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da die Klägerin die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 BEEG nicht erfülle. Die Klägerin sei im streitigen Zeitraum vom 09.09.2008 bis 08.11.2009 nicht freizügigkeitsberechtigt gewesen. Die erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG berechtige nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Zwar sei § 1 Abs 7 Nr 3 BEEG durch das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 10.07.2012 (Az: 1 BvL 2/10) für nichtig erklärt worden. Daher sei es nicht mehr erforderlich, dass die Klägerin berechtigt erwerbstätig gewesen sei, Geldleistungen nach dem SGB III bezogen habe oder in Elternzeit gewesen sein musste. Jedoch fehle bei ihr weiterhin die Voraussetzung einer zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten Aufenthaltserlaubnis. Die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltstitels und der Versagung der Ausübung einer Erwerbstätigkeit seien dabei nicht zu prüfen. In dieser Regelung liege im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Grundgesetz. Das Urteil ist dem Bevollmächtigten der Klägerin am 15.07.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

Gegen das Urteil hat die Klägerin am 24.07.2013 Berufung eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 1 Abs 7 BEEG erfülle. Der Vermerk auf der Aufenthaltsgenehmigung “Erwerbstätigkeit nicht gestattet„ gebe lediglich den Gesetzesinhalt des § 39 Abs 1 AufenthG wieder, weshalb es sich um einen deklaratorischen Vermerk zu dem Verbot- und Erlaubnisvorbehalt aus § 39 Abs 1 AufenthG handle. Gleichzeitig gehe der Gesetzgeber davon aus, dass die Aufenthaltstitel nach § 1 Abs 7 Ziffer 2c BEEG grundsätzlich zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11.06.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.12.2008 aufzuheben und die Beklag...

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