Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldumlage. Verfassungsmäßigkeit. Europarechtskonformität

 

Leitsatz (amtlich)

Auch die seit 1.1.1999 geltenden Vorschriften über die Umlage für das Insolvenzgeld verstoßen weder gegen Bestimmungen des Grundgesetzes noch des europäischen Gemeinschaftsrechts.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. August 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Umlage zum Insolvenzgeld für das Jahr 2002.

Die Klägerin ist als Bauunternehmen Mitglied der Beklagten, die seit 1. Mai 2005 Rechtsnachfolgerin der früheren beklagten S. B.-Berufsgenossenschaft ist. Für das Jahr 2002 forderte die frühere Beklagte Beiträge in Höhe von insgesamt € 43.173,18. Hiervon entfiel auf die Insolvenzgeldumlage ein Betrag von € 2.121,54 (Beitragsbescheid vom 17. April 2003). Den Widerspruch der Klägerin gegen die Heranziehung zur Insolvenzgeldumlage wies der Widerspruchsausschuss der früheren Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. August 2003). Zur Begründung verwies er auf die §§ 359 ff des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III), wonach sie (die Beklagte) verpflichtet sei, die Beitragsanteile für die Aufwendungen für das Insolvenzgeld zu erheben. Das BSG habe wiederholt festgestellt, dass diese Regelungen mit der Verfassung übereinstimmten. Auch habe das BSG ausgeführt, dass ein Verstoß gegen Vorschriften oder Grundsätze des europäischen Gemeinschaftsrechts in Bezug auf das Umlageverfahren für das (seinerzeitige) Konkursausfallgeld nicht erkennbar sei. Bei der Klägerin sei sie (die Beklagte) von dem beitragspflichtigen Entgelt in Höhe von € 686.583,00 und dem ordnungsgemäß vom Vorstand beschlossenen Beitragsfuß von 0,309% - dies entspreche € 3,09 auf € 1.000,00 Entgelt - ausgegangen. Die Höhe des Beitrages von € 2.121,54 stelle im Hinblick auf das beitragspflichtige Entgelt keine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit oder einen Verstoß gegen das Übermaßverbot dar. Die Erhöhung des Beitragssatzes von € 2,25 im Jahre 2001 auf € 3,09 je € 1.000,00 Entgelt sei ausschließlich auf die um über 40% im Jahre 2002 gegenüber dem Jahre 2001 gestiegene Gesamtforderung der Bundesagentur für Arbeit auf Grund der weiterhin äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage in Deutschland und die damit verbundenen Insolvenzen zurückzuführen. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, nicht alle Unternehmen der einzelnen Branchen, was sich insbesondere auf die Umlageanteile der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften beziehe, würden in gleicher Weise belastet, könne sie damit nicht gehört werden. Die landwirtschaftlichen Unternehmen übernähmen für ihre Branche durch eine entsprechende Umlage vollständig die Aufwendungen für das Insolvenzgeld.

Die Klägerin hat am 22. September 2003 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Sie hat - wie bereits mit ihrem Widerspruch - geltend gemacht, §§ 359, 360 SGB III seien verfassungswidrig und verstießen auch gegen EU-Gemeinschaftsrecht. Während der Anteil aller gewerblichen Berufsgenossenschaften einschließlich der freien Berufe, der Unfallkassen von Bundesbahn, Post und Telekom nach den Arbeitsentgelten der versicherten Arbeitnehmer ermittelt werde, brächten die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften anteilig die Aufwendungen für das Insolvenzgeld auf, das den bei ihnen versicherten Arbeitnehmern tatsächlich gezahlt worden sei. Die völlig unterschiedliche Bemessung der Anteile am Umlageverfahren aller Insolvenzaufwendungen sei mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar. Die Entgeltzahlungen von Landesbanken und Sparkassen würden bei der Aufbringung der Mittel nicht berücksichtigt, da sie nicht in Insolvenz fallen könnten. Dieses "Gewährträgerprivileg" sei EU-rechtswidrig.

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. August 2004). Die Erhebung der Umlage sei - zwischen den Beteiligten unstreitig - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und § 24 Abs. 4 der Satzung der früheren Beklagten (in der Fassung vom 1. September 2002) erfolgt. BVerfG und BSG hätten die Umlage zur Finanzierung des Konkursausfallgelds bereits am Maßstab der Art. 14 und 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geprüft und nicht als verfassungswidrig angesehen. Zu demselben Ergebnis seien erstinstanzliche neuere Entscheidungen für das Insolvenzgeld gekommen. Dem schließe sich die Kammer an. Eine willkürliche Ungleichbehandlung der Arbeitgeber untereinander, wie die Klägerin sie vortragen habe, habe bereits das BVerfG in seiner Entscheidung vom 18. September 1978 - 1 BvR 638/78 - ausgeschlossen. Die Belastung nur der Unternehmer - und nicht auch der Arbeitnehmer - habe das BSG als nicht gleichheitswidrig angesehen. Die von der Klägerin behauptete, nicht durch Sachgründe getragene Besserstellung der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften gegenüber den gewerblichen Berufsgenossenschaften sehe die Kammer nicht. Ein Verstoß gegen das Willkürverbo...

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