Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit der Zugrundelegung des Vorzeitigkeitszeitraums für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte bei der Berechnung des Vorzeitigkeitszeitraums für die Altersrente für langjährig Versicherte. Verfassungsmäßigkeit der Regelungen zur Bestimmung des Zugangsfaktors

 

Orientierungssatz

1. Es ist nicht möglich, bei der Berechnung des Vorzeitigkeitszeitraums für die Altersrente für langjährig Versicherte den Vorzeitigkeitszeitraum für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte zugrunde zu legen. Denn Berechnungselemente aus der einen Altersrentenart (frühestmöglicher Zeitpunkt der vorzeitigen Altersrente für langjährig Versicherte nach §§ 36 S 2, 236 Abs 3 SGB 6) sind nicht mit Berechnungselementen einer anderen Altersrentenart (frühestmöglicher Zeitpunkt der abschlagsfreien Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 236b Abs 2 SGB 6) kombinierbar (vgl LSG Essen vom 18.11.2016 - L 14 R 471/16 = juris RdNr 31 sowie LSG Stuttgart vom 23.3.2017 - L 10 R 3893/16 = juris RdNr 17).

2. Die gesetzlichen Regelungen zur Bestimmung des Zugangsfaktors begegnen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.06.2020; Aktenzeichen B 5 R 2/19 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger ab dem 1. September 2014 Anspruch auf eine Altersrente für langjährig Versicherte mit einem Zugangsfaktor von 0,964 (Rentenabschlag 3,6%) hat.

Der 1952 geborene Kläger vereinbarte im Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 20. November 2006 mit seinem Arbeitgeber, dass sein Arbeitsverhältnis ab dem 1. September 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werde. Die Arbeitsphase wurde für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis 28. Februar 2011 und die Freistellungsphase vom 1. März 2011 bis zum 31. August 2014 festgesetzt. Im Versicherungsverlauf des Klägers vom 26. Juni 2014 sind alle Monate von September 1967 bis Mai 2014 mit Pflichtbeitragszeiten belegt.

Ausweislich eines Aktenvermerks vom 16. Juni 2014 (Bl. 27 Rückseite) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Gewährung einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte erst zum 1. September 2015 möglich sei. Der Kläger habe daraufhin mitgeteilt, damit habe sich die Beantragung dieser Rente für ihn erledigt. Er bitte um Bewilligung der Altersrente für langjährig Versicherte zum 1. September 2014. Mit Schreiben vom 16. Juni 2014, bei der Beklagten am 17. Juni 2014 eingegangen, teilte der Kläger mit, da er bereits 2012 die Wartezeit für eine Altersrente für besonders langjährige Versicherte mit 45 Versicherungsjahren erfüllt habe, stelle sich die Frage der Berentung im Rahmen der Rentenreform neu. Er bitte um rechtsverbindliche Auskunft über seine zu erwartende Rentenleistung im Anschluss an die Altersteilzeitvereinbarung zum 1. September 2014 und bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres ohne weitere Beitragsleistung. Eine Meldung zur Arbeitslosenversicherung scheide nach Auskunft des Arbeitgebers aus, da von der Bundesanstalt für Arbeit Leistungen erbracht worden seien.

Am 7. Juli 2014 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Altersrente für besonders langjährig Versicherte und den Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte.

Mit Bescheid vom 14. August 2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 1. September 2014. Hierbei legte sie Entgeltpunkte für 529 Monate mit vollwertigen Pflichtbeitragszeiten und einen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente wegen Alters um 0,003 für 36 Kalendermonate um insgesamt 0,108 verminderten Zugangsfaktor von 0,892 zugrunde.

Hiergegen erhob der Kläger am 12. September 2014 Widerspruch, ohne diesen zu begründen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 9. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, ausweislich seines Versicherungsverlaufs seien 564 Monate (47 Versicherungsjahre) mit Pflichtbeitragszeiten belegt, somit sei die allgemeine Wartezeit von 45 Versicherungsjahren für eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllt. Er habe im Laufe seines Versicherungslebens bereits zweimal Nachteile hinnehmen müssen. Zum einen sei er nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Bundeswehr nachversichert worden. Hierbei sei nur das Grundgehalt ohne die Sozialversicherungsbeiträge in die Rentenberechnung übernommen worden. Zum anderen habe er durch das Altersteilzeitverhältnis einen Einkommensverlust von rund 20% sowie einen Verlust in der Altersversorgung durch die zehnprozentige niedrigere Beitragsleistung und den früheren Rentenbeginn mit 62 Jahren (Rentenkürzung 10,8%) erlitten. Mit der Einführung der Altersrente für besonders langjährig Versiche...

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