Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Herausnahme einer Altersteilzeitregelung aus dem Anwendungsbereich der Gleitzonenregelung. Rechtsauslegung. Verfassungsmäßigkeit. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 12 R 4/18 R

 

Orientierungssatz

1. Eine Altersteilzeitregelung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis, welche ausschließlich den Zweck hat, durch Altersteilzeitarbeit älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente zu ermöglichen, entspricht nicht dem Sinn und Zweck des § 20 Abs 2 SGB 4 und kann somit nicht in seinen Anwendungsbereich einbezogen werden.

2. Diese Auslegung des § 20 Abs 2 SGB 4 überschreitet nicht die sich aus Art 20 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesinterpretation.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.08.2018; Aktenzeichen B 12 R 4/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 1.524,30 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladene in dem Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von insgesamt 1.524,30 €.

Am 10. Dezember 2013 führte die Beklagte beim Kläger für den Zeitraum 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 12. Dezember 2013 forderte sie die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 1.524,30 €. Die Betriebsprüfung habe ergeben, dass die Beigeladene im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. März 2012 mit monatlich 490,00 € und ab dem 1. April 2012 bis zum 31. Dezember 2012 mit 540,00 € gemeldet und unter den besonderen beitragsrechtlichen Regelungen der “Gleitzone„ abgerechnet worden sei. Die Gleitzonenberechnung sei zu Unrecht angewandt worden. In Fällen der Altersteilzeit oder bei sonstigen Vereinbarungen über flexible Arbeitszeiten, in denen lediglich das reduzierte Arbeitsentgelt in die Gleitzone falle, fänden die besonderen Regelungen zur Gleitzone keine Anwendung.

Hiergegen erhob der Kläger mit Datum vom 18. Dezember 2013 Widerspruch. Eine Rechtsgrundlage dafür, dass die Regelungen zur Gleitzone in den Fällen der Altersteilzeit keine Anwendung fänden, sei nicht angegeben worden oder sonst ersichtlich.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 teilte die Beklagte mit, sie sei bemüht, den Widerspruch sobald als möglich zu bearbeiten. Am 23. Januar 2014 stellte der Kläger bei der Beklagten nachfolgend unter dem 22. Januar 2014 einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Das sich in Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung seitens der Beklagten anschließende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes fand vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) mit dem ablehnenden Beschluss vom 19. Februar 2014 (Aktenzeichen: S 4 R 365/14 ER) seine Beendigung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 6. Juni 2014 schriftlich beim SG Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes komme es für die Einstufung in die Gleitzonenregelung ausschließlich auf die Höhe des Arbeitsentgelts an. Es existiere keine gesetzliche Regelung, nach der die Gleitzonenregelung nicht für sonstige Versicherungsverhältnisse gelten würde, bei denen ein fiktives Arbeitsentgelt erzielt werde. Mit der Beigeladenen sei zum 1. Januar 2008 ein Altersteilzeitvertrag geschlossen worden, nachdem die wöchentliche Arbeitszeit von ursprünglich 16 auf dann acht Stunden und das monatliche Arbeitsentgelt von ursprünglich 900,00 € auf nunmehr 450,00 € brutto reduziert worden sei. Es werde somit ein konkretes Arbeitsentgelt erzielt. Es sei nicht geregelt, dass bei Mitarbeitern in Altersteilzeit die Gleitzonenregelung nicht anzuwenden sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren bezogen und weiter ausgeführt, dass sich die Anwendung der Gleitzonenregelung bei Altersteilzeit danach richte, in welcher Höhe ein Arbeitsentgelt vor Eintritt der Altersteilzeit bezogen worden sei. Da das Arbeitsentgelt der Beigeladenen vor der Altersteilzeit 900,00 € betragen habe, finde die Gleitzonenregelung bereits deshalb auf sie keine Anwendung.

Mit Gerichtsbescheid vom 25. Oktober 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides sei § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach prüften die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV erfüllen und erlassen im Rahmen dessen Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in den einzelnen Sozialversicherungszweigen. Für die Zahlung von Beiträg...

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