Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz. Pflege- und Begleitperson. Pflegetätigkeit. häusliche Pflege. Hinweg. Rückweg. zuständiger Unfallversicherungsträger

 

Orientierungssatz

1. Zum Unfallversicherungsschutz einer Pflege- und Begleitperson gem. § 539 Abs 1 Nr 19 RVO, die auf der gemeinsamen Heimfahrt von der stationären Heilbehandlung ihres pflegebedürftigen Ehemannes während einer Hilfeleistung iS von § 14 Abs 4 Nr 1 SGB 11 ( Blasenentleerung) verunglückte.

2. Sind Hin- und Rückweg nicht einheitlich zu beurteilen, bestimmt sich der zuständige Unfallversicherungsträger für die Entschädigung eines Arbeitsunfalls auf einem solchen Weg nicht nach der zuvor beendeten versicherten Tätigkeit, sondern nach der angestrebten neuen versicherten Tätigkeit (vgl BSG vom 22.11.1984 - 2 RU 50/83 = SozR 2200 § 550 RVO Nr 68).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 22.08.2000; Aktenzeichen B 2 U 15/99 R)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, welcher Versicherungsträger für die Entschädigung des Arbeitsunfalls der Beigeladenen B B vom 30.05.1995 zuständig ist.

Die Klägerin gewährt dem Ehemann der Beigeladenen, F B. (B.), wegen der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 20.07.1992, bei dem er ein schweres Schädelhirntrauma sowie multiple Frakturen erlitten hatte, Verletztenrente in Höhe der Vollrente sowie Pflegegeld der Kategorie C4 in Höhe von 80% des Höchstbetrages. Die Pflegebedürftigkeit von B. entspricht der Pflegestufe III im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) XI. Die Pflegeleistungen werden von der Beigeladenen erbracht; ein Arbeitsvertrag besteht zwischen den Eheleuten insoweit nicht.

Die Klägerin gewährte B. vom 09. bis 30.05.1995 eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Neurologischen Klinik E im Sch. Die Klägerin bewilligte hierfür die Begleitung durch die Beigeladene, weil B. psychisch sehr stark auf seine Ehefrau fixiert ist; sie bezahlte hierfür täglich DM 70,-- an die Klinik in E. Am 30.05.1995 trat die Beigeladene zusammen mit B. in ihrem PKW die Heimfahrt von E nach Hause an. In der Nähe von H mußte die Beigeladene auf einem Feldweg anhalten, weil B. seine Notdurft verrichten wollte. Sie half ihm beim Aussteigen aus dem PKW. Hierbei stürzte B. und riß auch die Beigeladene um. Diese erlitt dabei eine offene Unterschenkeltrümmerfraktur am rechten Bein. Nach operativer Erstversorgung im Krankenhaus in G wurde die Beigeladene in der Nähe ihres Heimatortes weiter behandelt. Der Unfall der Beigeladenen wurde der Klägerin und dem Beklagten angezeigt. Nach einem gegenseitigen Schriftwechsel erklärte sich die Klägerin am 17.05.1996 bereit, die vorläufige Weiterbearbeitung gemäß § 1735 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu übernehmen; mit Bescheid vom 18.12.1996 bewilligte dann die Klägerin der Beigeladenen eine vorläufige Rente ab 31.05.1995 in unterschiedlicher Höhe und ab 30.05.1996 nach einer MdE um 20 v.H., die sie mit Bescheid vom 23.04.1997 als Dauerrente feststellte.

Die Klägerin hielt den Beklagten für den zuständigen Unfallversicherungsträger, weil die Beigeladene bei Pflegeleistungen für B. verunglückt sei und deshalb gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 19 RVO unter Versicherungsschutz beim Beklagten gestanden habe. Die Beigeladene habe B. aus therapeutischen und nicht aus pflegerischen Gründen zu der stationären Heilbehandlung in begleitet. Nach der Auskunft der Neurologischen Klinik E vom 10.03.1997 habe sie auch tatsächlich die Pflege des B. durchgeführt, weil er die Hilfsangebote der Klinikschwestern wegen seiner psychischen Abhängigkeit von der Beigeladenen nicht in Anspruch genommen habe. Der Beklagte vertrat dagegen die Auffassung, die Beigeladene sei während der stationären Behandlung des B. wie eine Beschäftigte der Klägerin gemäß § 539 Abs. 2 RVO tätig gewesen und im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit verunglückt. Die Pflegetätigkeit der Beigeladenen sei nicht im Rahmen der bei ihm versicherten häuslichen Pflege erfolgt. Deshalb habe sie bei dem Unfall nicht unter Versicherungsschutz gemäß § 539 Abs. 1 Nr. 19 RVO gestanden.

Am 22.04.1997 erhob die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage und beantragte, die Zuständigkeit des Beklagten zur Entschädigung des Unfalls der Beigeladenen am 30.05.1995 festzustellen. Zur Begründung brachte sie ergänzend vor, die Beigeladene sei bei den Pflegeleistungen für B. im Sinne von § 14 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 4 SGB XI verunglückt, weil die Blasenentleerung ausdrücklich als Bestandteil der Körperpflege aufgeführt sei und es sich außerdem um ein Wiederaufsuchen der Wohnung im Rahmen der unter Nr. 4 dieser Vorschrift bezeichneten Mobilität gehandelt habe. Zwar sei der Begriff der Mobilität nach der Gesetzesbegründung restriktiv auszulegen, erfasse aber z.B. Hin- und Rückweg bei Arztbesuchen. Die Beigeladene habe den Unfall auch nicht als Bedienstete der Klinik E oder der Klägerin oder wie eine solche erlitten. Hilfsweise beantragte die Klägerin die Beiladung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, weil die Beigeladene bei der station...

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