Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2108 und Nr 2110. arbeitstechnische Voraussetzung. Mischbelastung. Mainz-Dortmunder-Dosismodell. Gesamtbelastungsdosisgrenzwert. Unterschreiten. haftungsbegründende Kausalität. Konsensempfehlungen. kein belastungskonformes Schadensbild. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule als Berufskrankheit gem BKV Anl Nr 2108 und BKV Anl Nr 2110, wenn die kumulierte Gesamtbelastungsdosis den Richtwert des Mainz-Dortmunder-Dosismodells um 25% unterschreitet und die medizinischen Voraussetzungen unter Berücksichtigung der Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung wegen Nichtvorliegen eines belastungskonformen Schadensbildes nicht erfüllt sind.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung und Entschädigung seiner Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 und/oder Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV, im Folgenden nur nach den Nummern zitiert).

Der am ... 1957 geborene Kläger absolvierte von September 1974 bis Dezember 1977 eine Kfz-Lehre im Autohaus Z., von Januar 1978 bis Mai 1980 arbeitete er als Kraftfahrzeugmechaniker im Bereich Reifenmontage bei der Reifen-S. GmbH u. Co KG, von Juni 1980 bis Mai 1994 im Bauunternehmen K. B. zu 80 vH. seiner Gesamtarbeitszeit als LKW-Fahrer und Baumaschinist und zu 20 vH. als Mitarbeiter bei der Verlegung von Rand- und Pflastersteinen, von Juni 1994 bis Juni 1997 - unversichert als selbstständiger Unternehmer - als LKW-, Bagger- und Schaufelladerfahrer, von Mitte Juli 1997 bis Mai 2000 bei der Firma H. K. als Holztransportfahrer und von Juni 2000 bis Juni 2003 bei der S., Hoch- und Tiefbau, Betonfertigteile GmbH, anfänglich als reiner Baggerfahrer und ab Juni 2001 zu 35 vH. der Arbeitszeit als Steinsetzer. Nach Arbeitsunfähigkeit ab Mitte Juni 2003 und Arbeitslosigkeit bezieht der Kläger jetzt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Der Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ist wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Schulterarmsyndrom mit 20 festgestellt (Bescheid vom 05.11.2003).

Am 06.11.2003 zeigte die AOK S. den Verdacht einer BK bei Erkrankungen im Wirbelsäulen- und Schulterbereich an, am 20.01.2004 folgte die Anzeige des Unternehmers. Im daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren befragte die Beklagte den Kläger und zog einen Befundbericht von Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. R. bei. Der Kläger berichtete über seit 1993 aufgetretene Wirbelsäulenbeschwerden (Schreiben vom 13.11.2003, Bl. 8 VA). Dr. R., der den Kläger wegen einer Gelenksarthrose der linken Schulter behandelte, teilte Arbeitsunfähigkeit nach Bandscheibenoperation seit Juli 2003 mit (Schreiben vom 03.12.2003, Bl. 17 VA).

Hinsichtlich der Nrn. 2108/2109 und 2110 ermittelte der technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten die beruflichen Belastungen in ihren Mitgliedsbetrieben, bei den Nichtmitgliedsbetrieben der TAD bzw. Präventionsdienst der zuständigen Berufsgenossenschaften. Für die Tätigkeit im Autohaus Z. ermittelte die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft keine BK-2108-relevante Exposition (Lastgewichte unter 20 kg, Schreiben vom 28.06.2004, Bl. 42 VA). Die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft ermittelte für die Tätigkeit bei der Reifen-S. GmbH u. Co KG nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) keine gefährdende Tätigkeit pro Arbeitsschicht im Sinne der BK Nr. 2108, da die ermittelte Tagesdosis von 4,9 kNh unterhalb des Richtwertes von 5,5 kNh lag. Die Arbeiten beinhalteten kein Tragen von Lasten auf Schulter oder Kopf, in extremer Rumpfbeugehaltung und unter Ganzkörper-Schwingungsbelastungen. Für die Tätigkeit bei der Firma K. B. ermittelte die Beklagte auf Grund mündlicher Angaben des Klägers am 19.05.2004 für die überwiegende Anzahl der Arbeitsschichten keine Belastung im Sinne der BK 2110, wobei zur Berechnung der Gesamtdosis nur Expositionszeiten berücksichtigt wurden, deren Beurteilungsschwingstärke Kr ≫ 16,2 bzw. für stoßhaltige Schwingungsbelastung bei ungünstiger Körperhaltung ≫ 12,5 betrugen. Für den Teil der Tätigkeit als Lkw-Fahrer wurde Kr 11,8 und für die als Baumaschinenführer Kr 12,1 ermittelt (Bl. 30, 32 VA). Hinsichtlich der BK 2108 errechnete die Beklagte für beide Tätigkeitsbereiche den prozentualen Anteil der unterschiedlichen Hebe- und Tragevorgänge ohne eine Aussage zu treffen, ob die Belastungen relevant waren (Bl. 35 f VA). Belastungen i. S. von BK 2109 lagen nicht vor. Für die selbstständige Tätigkeit teilten die Tiefbau-Berufsgenossenschaft und Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen mit, dass keine Mitgliedschaft bestand...

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