Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarztrecht. Nichtanwendung des § 45 SGB 10. nachträgliche Prüfung und gegebenenfalls Richtigstellung der Honorarforderung. Widerrufsvorbehalt bei Abrechnungsbescheiden

 

Leitsatz (amtlich)

Eine rückwirkende Änderung eines Honorarbescheides ist auf Grund eines dem Honorarbescheid beigefügten Widerrufvorbehalts rechtmäßig. § 45 SGB 10 findet auf die rückwirkende Honorarminderung keine Anwendung.

 

Orientierungssatz

Ein Vertragsarzt muss prinzipiell mit einer nachträglichen Prüfung und gegebenenfalls Richtigstellung seiner Honorarforderungen rechnen und kann sich insofern auch nicht auf einen Vertrauensschutz berufen (vgl BSG vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 = BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 26/01 R)

BSG (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 27/01 R)

BSG (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 24/01 R)

BSG (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen B 6 KA 29/01 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte für die Quartale 1/96 und 2/96 an den Kläger gezahltes Honorar zurückfordern kann.

Der Kläger ist als Arzt für Innere Medizin/Endokrinologie zur vertragsärztlichen Versorgung in K zugelassen.

Mit dem Abrechnungsbescheid vom 30.6.1996 setzte die Abrechnungsstelle K der Beklagten das Bruttohonorar des Klägers für das Quartal 1/96 mit DM 384.118,76 fest. Das Honorar für die Primär- und Ersatzkassen betrug insgesamt DM 379.240,51.

Für das Quartal 2/96 setzte die Abrechnungsstelle K der Beklagten mit dem Abrechnungsbescheid vom 30.9.1996 das Bruttohonorar des Klägers mit DM 436.956,20 fest. Das Honorar für die Primär- und Ersatzkassen betrug insgesamt DM 421.374,32.

Der Berechnung des Honorars des Klägers legte die Abrechnungsstelle K der Beklagten in beiden Quartalen u. a. den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 13.6.1996 (Beilage zu Heft 26 des Deutschen Ärzteblattes vom 28.6.1996) zu Grunde, durch den rückwirkend für die Zeit vom 1.1.1996 bis 31.12.1996 ein Teilbudget für bestimmte Gesprächs- und Untersuchungsleistungen geschaffen und arztgruppenbezogene Fallpunktzahlgrenzwerte festgelegt wurden. Neben der Rechtsbehelfsbelehrung enthielten beide Bescheide folgenden Vermerk:

"Wegen den umfangreichen EBM-Regelungen, deren Rechtswirksamkeit umstritten ist, und der regionalen Maßnahmen der KV Südbaden, die infolge der enormen und ungleichmäßig verteilten Mengenzunahmen in 1/96 (beziehungsweise 2/96) erforderlich geworden sind, wird die gesamte Abrechnung unter Vorbehalt gestellt."

Mit einem an alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte gerichteten Schreiben vom 19.7.1996, unterzeichnet vom Vorsitzenden Dr. F und überschrieben mit "Erläuterungen zur Honorarabrechnung 1/96", stellte die Beklagte die Probleme der neuen Situation der Abrechnung des Quartals 1/96 dar. In diesem Schreiben wurde auf eine Informationsschrift der Beklagten "Sonder-Dialog 2/96" verwiesen, in welchem u. a. die Abrechnungsergebnisse des Quartals 1/96 dargestellt wurden.

Soweit aus den vorgelegten Akten hervorgeht, wurden die Honoraranforderungen des Klägers für die Quartale 1 und 2/96 von der Beklagten sachlich-rechnerisch nicht beanstandet. Kürzungsbescheide sind nicht in den Akten; auch der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen. Gegen die Abrechnungsbescheide vom 30.6.1996 und 30.9.1996 erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Nachdem das BSG das zum 1.1.1996 rückwirkende In-Kraft-Treten der Teilbudgetierung der Gesprächs- und Untersuchungsleistungen für rechtswidrig erklärt hatte (Urteil vom 17.9.1997, SozR 3-2500 § 87 Nr. 18, S. 80 ff), nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Honorare für die Quartale 1/96 und 2/96 vor. Hierüber informierte sie in allgemeiner Form ihre Mitglieder in einem Schreiben vom 27.3.1998.

Mit Bescheid vom 9.4.1998 -- wie bereits zuvor in einem Schreiben vom 2.4.1998 -- teilte die Beklagte dem Kläger mit, die Vorgaben der Entscheidung des BSG, mit der die rückwirkende Teilbudgetierung von Gesprächs- und Untersuchungsleistungen in den Quartalen 1/96 und 2/96 für ungültig erklärt worden sei, habe zur Neufestsetzung der Punktwerte geführt. Anhand dieser Punktwerte ergebe sich für seine Honorarabrechnungen statt des Betrages von DM 379.240,51 (1/96) und von DM 427.367,00 (2/96) ein Betrag von DM 356.690,51 (1/96) und von DM 413.734,55 (2/96). Aus der Differenz zu den bereits erhaltenen Beträgen ergebe sich ein Rückforderungsbetrag von DM 22.549,87 (1/96) und von DM 13.632,45 (2/96), insgesamt DM 36.182,32. In Höhe der ausgewiesenen Teilsaldobeträge seien die bereits ergangenen Honorarbescheide für die Quartale 1/96 und 2/96 zu ergänzen beziehungsweise aufzuheben. Die Aufhebung der Honorarbescheide erfolge -- aus Gründen des Bestandsschutzes -- im Übrigen ausdrücklich nur insoweit, als die Entscheidung des BSG die Bewertung der rückwirkend budgetierten Leistungen und infolgedessen die Punktwerte und die Honorarverteilung verändere. Soweit für das erste Halbjahr 1996 aufgrund von EBM-bedingten Verwerfungen ...

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