Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsklage. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Nachweis der Hilfebedürftigkeit. Pflicht zur Vorlage von Kontoauszügen für die letzten 3 Monate. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Subsidiarität der Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG.

2. Ein Bezieher von Arbeitslosengeld II ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zur Vorlage von Kontoauszügen verpflichtet, selbst wenn ein Verdacht auf Leistungsmissbrauch nicht besteht.

 

Orientierungssatz

Bei der Aufforderung, zum Nachweis der Hilfebedürftigkeit Kontoauszüge für die letzten 3 Monate vorzulegen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt iS von § 31 SGB 10, sondern um eine Vorbereitungshandlung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.02.2009; Aktenzeichen B 4 AS 10/08 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. August 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin verpflichtet ist, bei jeder Antragstellung im Zuge der Folgeantragsverfahren auf Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Kontoauszüge der letzten drei Monate von allen bestehenden Konten vorzulegen.

Die 1954 geborene Klägerin bezieht seit 19. April 2005 Alg II nach dem SGB II. Der Anfang 2006 im Rahmen ihrer Antragstellung auf Fortzahlung der Leistungen erfolgten Aufforderung zur Vorlage von Kontoauszügen kam die Klägerin im April 2006 nach. Am 23. Oktober 2006 beantragte sie die Fortzahlung des Alg II bei der Beklagten und machte dabei Angaben zu ihrem Einkommen und Vermögen. Mit Bescheid vom 16. November 2006 bewilligte die Beklagte Alg II für die Zeit vom 1. November 2006 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 620,77 € monatlich und vom 1. Januar 2007 bis 30. April 2007 in Höhe von 608,77 € monatlich . Am 23. Februar 2007 teilte die Klägerin die Änderung ihrer Bankverbindung mit und reichte die Kündigung ihres Arbeitgebers vom 16. Februar 2007 sowie ihre letzte Provisionsabrechnung bei der Beklagten ein; weiterhin teilte sie unter Vorlage entsprechender Unterlagen mit, seit 7. Februar 2007 befinde sie sich in stationärer Behandlung. Mit Bescheid vom 21. März 2007 änderte die Beklagte die Bewilligung des Alg II für März und April 2007 auf 532,29 € bzw. 488,02 € ab. Mit Schreiben gleichen Datums wurde die Klägerin aufgefordert, die kompletten Kontoauszüge der letzten drei Monate, Nachweise über bestehende Versicherungen, Bausparverträge und sonstige Sparverträge sowie ihren Personalausweis vorzulegen. Sollten diese Dokumente nicht bis zum 7. April 2007 vorliegen, werde die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkungshandlungen ganz versagt. Am 16. März 2007 beantragte die Klägerin die Fortzahlung des Alg II. Mit Bescheiden vom 22. bzw. 23. März 2007 erhöhte die Beklagte nochmals die Bewilligung der Leistung für April 2007 zunächst auf 558,32 € und reduzierte sie dann auf 500,02 €. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 3. April 2007 wandte sich die Klägerin gegen die Aufforderung, Kontoauszüge vorzulegen; sie könne nicht nachvollziehen, mit welcher Begründung diese Unterlagen benötigt würden. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ordnungsgemäß angegeben habe. Am 12. April 2007 stellte die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, die Beklagte zur Zahlung von Alg II in gesetzlicher Höhe verpflichten zu lassen. Ihren Personalausweis werde sie vorlegen, wenn die Beklagte den Grund hierfür angebe. Kontoauszüge werde sie nicht vorlegen; bei dieser Forderung handele es sich nur um eine Schikane. Mit Beschluss vom 20. April 2007 (S 7 AS 1853/07 ER) lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die gegen diesen Beschluss am 26. April 2007 erhobene Beschwerde (L 13 AS 2127/07 ER-B) erklärte die Klägerin nach gerichtlichem Hinweis am 21. Mai 2007 für erledigt; die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Klägerin durch die Beklagte lehnte der erkennende Senat mit Beschluss vom 19. Juni 2007 ab (L 13 AS 2532/07 AK-A). Am 27. April 2007 legte die Klägerin eine Kopie ihres Reisepasses und verschiedene Unterlagen über eine private Rentenversicherung sowie im weiteren Kontoauszüge ihres Kontos bei der Postbank für den Zeitraum Januar bis März 2007 vor. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 wies der Bevollmächtigte der Klägerin die Beklagte darauf hin, dass ihr Verlangen, vollständige Kontoauszüge für bestimmte Zeiträume vorzulegen, rechtswidrig sei. Er bat darum mitzuteilen, ob auch in Zukunft, auch wenn keine konkreten Anhaltspunkte für einen missbräuchlichen Leistungsbezug bestünden, von der Klägerin die Vorlage von Kontoauszügen verlangt werde. Mit Schreiben vom 13. Juni 2007 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass bei jeder Antragstellung im Zuge von Folgeantragsverfahrens die vollständigen Kontoauszüge der l...

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