Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Versicherten, der nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen nicht mehr vollschichtig erwerbsfähig ist, der aber trotzdem auf Kosten seiner Gesundheit vollschichtig arbeitet, ist zu prüfen, ob der Teilzeitarbeitsmarkt für ihn offen oder verschlossen ist. Ist der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen, so hat er Anspruch auf Rente wegen EU, obwohl er unter Umständen einem Arbeitslosen einen Vollzeit-Arbeitsplatz "wegnimmt" und mittelbar weitere Leistungen eines öffentlichen Leistungsträgers verursacht.

2. Das Gericht ist nicht befugt, einen Versicherten aufzufordern, sich beim ArbA als arbeitsuchend zu melden. Es kann allenfalls den Rentenversicherungsträger darauf hinweisen, daß es sachdienlich wäre, wenn er den Versicherten zu einer Meldung veranlassen würde.

3. Hat der Rentenversicherungsträger den Versicherten aufgefordert, sich beim örtlich zuständigen ArbA als arbeitssuchend zu melden, so muß das Gericht den Erfolg der Vermittlungsbemühungen auch bei derzeit ungünstigen Vermittlungsaussichten dann grundsätzlich abwarten, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt für den Versicherten innerhalb eines Jahres bessern könnte (etwa durch Sonderprogramme zur Schaffung von Teilzeitarbeitsplätzen oder durch Eingliederungshilfe im Einzelfall). Solche konkreten Anhaltspunkte für eine Änderung der Verhältnisse schließen grundsätzlich die Feststellung aus, ein Teilzeitarbeitsplatz könne innerhalb eines Jahres nicht angeboten werden.

4. Ausnahmsweise brauchen Bemühungen um die Vermittlung eines Teilzeitarbeitsplatzes nicht abgewartet zu werden, obwohl der Versicherungsträger den Versicherten aufgefordert hat, sich als arbeitssuchend zu melden. Eine Ausnahme kommt etwa dann in Betracht, wenn ein Versicherter besonders starke gesundheitliche Einschränkungen aufweist, oder das ArbA bereits längere Zeit erfolglos eine Vermittlung versucht hat, und zwar auch dann, wenn diese Bemühungen kein volles Jahr angedauert haben.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.09.1978; Aktenzeichen 11 RA 86/77)

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650974

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