Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Berufung. Beschwerdewert. Verringerung der Sperrzeit. Rechtsmittelbelehrung

 

Orientierungssatz

1. Wenn die ursprünglich festgesetzte Sperrzeit nach § 144 SGB 3 zwar nicht ausdrücklich aufgehoben, aber deren Dauer durch Teilanerkenntnis im Nachhinein so verringert wurde, dass der Beschwerdewert des § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG unterschritten wird, so bedarf die Berufung der Zulassung. Ob rechtliche oder wirtschaftliche mittelbare Kostenfolgen der Sperrzeitverhängung eintreten können, ist unerheblich. Denn bei Zahlungsansprüchen ist zur Ermittlung der Berufungssumme allein auf den Geldbetrag abzustellen, um welchen unmittelbar gestritten wird.

2. Hat das SG irrtümlich angenommen, die Berufung sei ohne Zulassung statthaft und deswegen die falsche Belehrung erteilt, liegt hierin keine (konkludente) Zulassung der Berufung.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.05.2005; Aktenzeichen B 11a/11 AL 187/04 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der Kosten des ersten Rechtszugs zu erstatten; im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit und die damit verbundene Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg).

Der 1963 geborene Kläger meldete sich am 31.01.2002 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Sein Arbeitsverhältnis war mit Aufhebungsvertrag vom 06.06.2001 unter sofortiger Freistellung zum 31.01.2002 (vgl. Bl. 7 der Leistungsakte) beendet worden.

Mit Bescheid vom 05.03.2002 stellte die Beklagte den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 01.02.2002 bis zum 25.04.2002 wegen Arbeitsaufgabe fest, weshalb der Anspruch auf Alg während dieses Zeitraumes ruhe und sich um 90 Tage (ein Viertel der Anspruchsdauer) mindere, und gewährte dem Kläger Alg dementsprechend mit Bescheid vom 08.03.2002 erst ab dem 26.04.2002 mit einem wöchentlichen Leistungssatz von 250,04 €. Mit Änderungsbescheid vom 01.01.2003 wurde der wöchentliche Leistungssatz auf 248,22 € festgesetzt. Der Anspruch war am 20.01.2003 erschöpft, nachdem der Kläger für 270 Tage Alg bezogen hatte.

Mit seinem Widerspruch gegen die Sperrzeitentscheidung (vgl. Bl. 20 der Leistungsakte) machte der Kläger private, im einzelnen aufgeführte Gründe für den Abschluss des Aufhebungsvertrags geltend. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2002 als unbegründet zurück. Es sei dem Kläger zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis so lange fortzusetzen, bis er nahtlos ein neues Beschäftigungsverhältnis gefunden hätte.

Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) wurde am 12.07.2002 erhoben.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2002 hat die Beklagte im Rahmen eines Teilanerkenntnisses den Eintritt der Sperrzeit auf die Zeit vom 07.06.2001 bis zum 29.08.2001 geändert und dem Kläger Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.02.2002 bis zum 25.04.2002 und damit für weitere 84 Tage gewährt. Das Anerkenntnis ist vom Kläger sinngemäß angenommen worden (vgl. Bl. 76 der SG-Akte).

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.05.2003 abgewiesen. Es hat entschieden, der Kläger habe keinen wichtigen Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gehabt. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen. In der Rechtsmittelbelehrung hat das SG die Anfechtbarkeit des Gerichtsbescheids durch Berufung genannt.

Gegen die am 19.05.2003 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 30.05.2003 Berufung eingelegt.

Der Kläger meint, ihm sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gewesen. Auf Hinweis des Senats wegen der Höhe der Berufungssumme hat der Kläger vorgetragen, die Minderung des Alg betrage zwar keine 500,- € mehr. Die Zulässigkeit der Berufung ergebe sich aber aus der nach wie vor ausgesprochenen Anspruchsminderung von 90 Tagen, der Möglichkeit weiterer nachteiliger Folgen der Sperrzeit und dem Meistbegünstigungsprinzip, wonach eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht zum Nachteil des Beteiligten führen dürfe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15. Mai 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 05. März 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2002 und in der Fassung des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 03. Dezember 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die verhängte Sperrzeit für rechtmäßig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagen vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung nur dann keiner besonderen Zulassungsentscheidung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,- € übersteigt oder wenn die Berufung wiederkehrende oder lauf...

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