Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Umzugs- bzw Wohnungsbeschaffungskosten. Unfall mit einem Miettransporter. Selbstbehalt einer Vollkaskoversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Selbstbehalt einer Vollkaskoversicherung beim Umzug mit einem Miet-Lkw ist kein Teil der vom Träger der Grundsicherung zu übernehmenden Umzugskosten bzw Wohnungsbeschaffungskosten. Die Revision wurde zugelassen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen B 14 AS 152/10 R)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23.03.2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von 700 € im Streit, welche die Klägerin zu 1.) nach einem Unfall als Selbstbehalt einer Vollkaskoversicherung an ihren Autovermieter zu zahlen hatte.

Die 1967 geborene Klägerin zu 1.) ist Dipl.-Ing der Fachrichtung Innenarchitektur. Sie ist erwerbsfähig und aufgrund einer nur geringfügigen Beschäftigung hilfebedürftig.

Die Klägerin zu 1.) bewohnte mit ihrer 1999 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2.), eine 70 qm große Wohnung und bezog Leistungen von der Beklagten. Die Beklagte forderte die Klägerin zu 1.) zu einem Umzug in eine günstigere Wohnung auf. Am 07.08.2007 legte die Klägerin zu 1.) ein Angebot für einen Mietvertrag über eine 58 qm große Wohnung vor, für welche lediglich eine Gesamtmiete von 400 € zu entrichten war, und beantragte eine Kostenzusage. Mit Schreiben vom 09.08.2007 stimmte die Beklagte der Anmietung dieser neuen Wohnung als angemessen zu.

Die Klägerin holte bei einer Vorsprache bei der Beklagten gemeinsam mit deren Mitarbeiterin per Telefon ein Angebot des Autovermieters S. in F. ein. Mit Schreiben vom 29.08.2007 erteilte die Beklagte daraufhin direkt gegenüber dem Autovermieter S. eine Kostenzusage für die Anmietung eines Ford Transit zu einem Mietpreis von 89 € zuzüglich einer Vollkaskoversicherung für 13 € (bei 770 € Selbstbeteiligung). Hierbei wurde um direkten Versandt der Rechnung an die Beklagte gebeten.

Am 31.08.2007 führten die Klägerinnen ihren Umzug durch. Hierbei beschädigte die Klägerin zu 1.) den Mietwagen, wodurch ein Schaden oberhalb des vereinbarten Selbstbehaltes entstand.

Der Autovermieter wandte sich an die Beklagte und forderte mit Rechnung vom 28.09.2007 die Zahlung von insgesamt 872 € (89 € Mietpreis, 13 € Vollkaskoversicherung sowie 770 € Unfallschaden, gedeckelt durch den Selbstbehalt).

Mit Schreiben vom 07.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin zu 1.) mit, dass die Rechnung des Autovermieters nicht übernommen werden könne. Auf Antrag könne allenfalls ein Darlehen gewährt werden, falls sie nicht in der Lage sei, die Kosten selbst zu tragen. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Die Klägerin zu 1.) hat deswegen am 27.12.2007 Widerspruch eingelegt. Die Beklagte habe beim Abschluss des Mietvertrages von der verhältnismäßig hohen Eigenbeteiligung gewusst und dem Mietvertrag in dieser Fassung mit dieser Selbstbeteiligung zugestimmt.

Mit Schreiben vom 03.01.2008 antwortete die Beklagte, dass von einem Fehlverhalten der Klägerin zu 1.) im Straßenverkehr auszugehen sei und die hieraus erwachsende Schadensersatzpflicht grundsätzlich nicht von den Leistungen des SGB II abgedeckt werde. Um hierüber Klarheit zu erhalten, möge die Klägerin zu 1.) den Unfallbericht der Polizei, die Reparaturkostenrechnung sowie Name, Anschrift und Aktenzeichen der Kaskoversicherung vorzulegen. Die Klägerin zu 1.) teilte daraufhin mit, dass es weder einen Unfallbericht der Polizei noch eine Reparaturkostenrechnung gebe. Sie sei die Verursacherin des Unfalls gewesen, und die Autoversicherung habe daraufhin die Kosten bei ihr geltend gemacht.

Am 03.01.2008 machte die Autovermietung über ihre Rechtsanwälte bei der Beklagten die Übernahme der in Rechnung gestellten Kosten von 872 € geltend. Die Beklagte überwies daraufhin an den Autovermieter 102 € und lehnte eine weitere Begleichung von Kosten ab.

Daraufhin verklagte der Autovermieter die Beklagte sowie die Klägerin zu 1.) gemeinschaftlich auf die Übernahme der in der Rechnung ausgewiesenen Kosten. Mit Urteil vom 14.11.2008 verurteilte das Amtsgericht F. i. Br. (AG) die Beklagte gesamtschuldnerisch mit der Klägerin zu 1.), an den Autovermieter 102 € sowie einen Teil der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu zahlen; im Übrigen wies das AG die Klage ab. Über den Anspruch von 102 € hinaus habe der Autovermieter gegen die Beklagte keinen weiteren Anspruch. Die Kostenzusage der Beklagten sei nicht so zu verstehen, dass auch der Selbstbehalt im Falle einer Beschädigung des Kleintransporters von der Beklagten übernommen werden sollte. Eine Verpflichtung lasse sich der Erklärung nur insoweit entnehmen, dass die Kostenzusage für die Miete des Kleintransporters übernommen werden sollte. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Beklagte auch für bei Erteilu...

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