Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der beruflichen Bildung. Umschulung. prognostische Beurteilung der Erfolgsaussicht. mangelnde Eignung. gerichtliche Überprüfung. Abschlußprüfung. Wiederholungsprüfungen

 

Orientierungssatz

Zur Berücksichtigung der Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen bei der Überprüfung der Prognoseentscheidung des Arbeitsamtes, daß die Umschulung wegen fehlender Eignung voraussichtlich nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.05.2000; Aktenzeichen B 7 AL 18/99 R)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Förderung seiner Teilnahme an der vom 16.10.1995 bis 15.07.1997 dauernden Umschulung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel hat.

Der 1963 in S/I geborene Kläger hat nach eigenen Angaben im I 1983 das Abitur bestanden und dort zwei Jahre studiert. Nach einer Bescheinigung des Direktorats des A-Gymnasiums vom 26.01.1985 hat er als Schüler der 6. Klasse das Ministerialexamen des Jahres 1982/83 im zweiten Durchgang mit der Bezeichnung "bestanden" abgelegt. Die vierte Klasse habe er 1978/79 nicht bestanden, und er habe das Fach Arabisch wiederholen müssen. Die S-Z GmbH in S hat dem Kläger mit Schreiben vom 22.03.1990 bestätigt, daß er dort vom 01.06.1981 bis 01.10.1982 als geschickter Arbeiter und vom 01.05.1985 bis 01.01.1987 als Mechaniker in seiner Eigenschaft als "Absolvent des Technischen Instituts in Al-Hilla/Fachrichtung: Metallverarbeitung" tätig gewesen sei.

Am 02.03.1987 übersiedelte der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland, wo er durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Z, vom 30.11.1988 als Asylberechtigter anerkannt wurde. Über seinen Antrag auf Einbürgerung (Schreiben des Ordnungsamts der Stadt M 03.07.1995) ist noch nicht entschieden. In der Bundesrepublik Deutschland lebte der Kläger zunächst von Leistungen der Sozialhilfe. Vom 01.08.1989 bis 31.05.1990 besuchte er Intensivkurse zur Erlernung der deutschen Sprache. Danach stand er zwischen dem 30.11.1990 und dem 10.12.1993 als Leiharbeitnehmer in mindestens neun kurzfristigen, meist weniger als drei Monate dauernden Beschäftigungsverhältnissen als Helfer. Vom 11.12.1993 bis 12.03.1994 bezog er von der Beklagten Arbeitslosengeld (Alg). Anschließend stand er vom 14.03.1994 bis 12.09.1995 in einem Beschäftigungsverhältnis als Arbeiter in einem Keramik- und Kunststoffwerk.

Ein erster Antrag vom 19.03.1993 auf Förderung seiner Teilnahme an einer zweijährigen Umschulung zum Zerspanungsmechaniker wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 28.07.1993 abgelehnt. Nach dem Ergebnis einer psychologischen Untersuchung sei er für die angestrebte berufliche Tätigkeit nicht geeignet.

Am 18.04.1995 meldete sich der Kläger beim Internationalen Bund e.V., Berufsbildungszentrum M, für eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann an. Wegen dieser Ausbildung erfolgte erstmals im Mai 1995 bei dem Arbeitsamt M (AA) eine Arbeitsberatung. Am 01.08.1995 beantragte er dort auch die Förderung seiner Teilnahme an der vom 16.10.1995 bis voraussichtlich 15.07.1997 dauernden Bildungsmaßnahme. Ihm wurde bei der Beratung am 01.08.1995 dabei mitgeteilt, daß er nach dem vorliegenden psychologischen Gutachten aus dem Jahre 1993 für eine Umschulung in einen kaufmännischen Beruf nicht geeignet sei. Erforderlich sei eine erneute psychologische Begutachtung. Weil seine Eignung fraglich und damit eine Förderung ggfs. nicht möglich sei, wurde ihm von einer verbindlichen Anmeldung beim Träger abgeraten. Nach psychologischer Untersuchung und Begutachtung durch Dipl.-Psychologin L am 13.10.1995 (Gutachten vom 23.10.1995) lehnte das AA mit Bescheid vom 09.11.1995 den Antrag des Klägers ab. Er sei nach dem Ergebnis der arbeitsamtspsychologischen Untersuchung den Anforderungen der Maßnahme "Kaufmann im Groß- und Außenhandel" nicht gewachsen. Eine Förderung sei deshalb nicht möglich.

Der Kläger, der die beantragte Bildungsmaßnahme ab 16.10.1995 mit 40 Stunden pro Woche in Vollzeitunterricht besuchte, erhob hiergegen Widerspruch, den das AA mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.1995 zurückwies. Das AA führte zur Begründung aus, Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung dürften nur gewährt werden, wenn der Antragsteller für die angestrebte berufliche Tätigkeit geeignet sei und voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen werde. Diese Voraussetzung liege nach dem Ergebnis der psychologischen Untersuchung vom 13.10.1995 nicht vor. Der Kläger habe seit den vorangegangenen psychologischen Untersuchungen 1990, 1991 sowie 1993 innerhalb von fünf Jahren weder hinsichtlich des Sprachverständnisses und der Rechtschreibkenntnisse noch des Umfangs seines Wortschatzes erkennbare Fortschritte gemacht. Er liege insoweit deutlich unter dem Durchschnitt der Bezugsgruppe (berufstätige Erwachsene). Das gleiche gelte für seine Kenntnisse im Textrechnen. Es sei deswegen davon auszugehen, daß er den theoretischen Anforderungen der angestrebten Ausbildung nicht gewachsen sein werde. Ei...

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