Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsgeld- bzw Arbeitslosenhilfeanspruch. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Sparguthaben auf dem einem Familienangehörigen zur Nutzung überlassenen Tagesgeldkonto

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanrechnung eines Sparguthabens auf einem online geführten Tagesgeldkonto als Vermögen gem § 193 Abs 2 SGB 3 iVm § 1 AlhiV 2002, soweit das Konto ohne schriftliche Vereinbarung einem Familienangehörigen zur Nutzung überlassen wurde und nach Offenlegung aller Kontenbewegungen nicht nachgewiesen werden konnte, dass das Vermögen dem Arbeitslosen zuzuordnen ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.11.2010; Aktenzeichen B 11 AL 35/09 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen

 

Tatbestand

Im Streit ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 23.07.2003 bis 31.08.2003 und von Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.05.2004 und die Erstattung der für diese Zeit gewährten Alhi und des Uhg sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7.784,76 €.

Der 1975 geborene Kläger war zwischen August 2000 und April 2002 als Kraftfahrer, Möbelpacker und Fachverkäufer versicherungspflichtig beschäftigt. Von 01.05.2002 bis 30.06.2002, vom 03.07.2002 bis 29.07.2002, vom 06.09.2002 bis 08.09.2002 und vom 05.11.2002 bis 31.01.2003 bezog er jeweils unterbrochen durch kurzfristige Beschäftigungen Arbeitslosengeld. Im Februar 2003 war er wieder versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Bescheid vom 11.04.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger für eine Weiterbildung zum Fachinformatiker ab 01.03.2003 Uhg, das ihm bis zum am 21.07.2003 erfolgten Abbruch der Maßnahme wegen Insolvenz des Arbeitgebers gewährt wurde.

Am 22.07.2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alhi. Im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" zum Antrag auf Alhi gab der Kläger an, es bestehe ein Freistellungsauftrag, auf dem Girokonto befänden sich 2,00 €. Im Übrigen verneinte er die Fragen. Mit Bescheid vom 12.08.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger hierauf, nachdem sie ihm bis zur Erschöpfung des Anspruchs noch für 22.07.2003 Arbeitslosengeld bewilligt hatte, Alhi für die Zeit ab 23.07.2003 in Höhe von 150,01 € wöchentlich (Bemessungsentgelt gerundet 405 €, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 1). Nach Wiederaufnahme der Umschulungsmaßnahme bezog der Kläger ab 01.09.2003 Uhg in gleicher Höhe. Ab 01.01.2004 belief sich der wöchentliche Leistungssatz auf 153,23 €. Uhg in dieser Höhe bezog der Kläger bis 31.05.2004.

Durch einen Datenabgleich zwischen dem Bundesamt für Finanzen und der Beklagten erlangte die Beklagte im Mai 2004 nähere Kenntnis über den Freistellungsauftrag des Klägers. Danach bestand der Freistellungsauftrag für das Bankinstitut C-bank für einen Kapitalertrag in Höhe von 40,00 €.

Auf Anfrage der Beklagten teilte der Kläger mit, dass es sich bei dem C-bank-Konto um ein Tagesgeldkonto mit Onlinedepot mit der Kontonummer ... handele. Das Guthaben belaufe sich derzeit auf 7.108,55 €, die Zinseinkünfte im letzten Kalenderjahr hätten 30,00 € betragen. Das Konto bei der C-bank habe er vor Jahren eingerichtet, da für die Einrichtung allein auf dem Konto Web.de Aktien im Wert von 100,00 DM gutgeschrieben worden seien. Danach sei dieses Konto von ihm nicht mehr verwendet worden. Da sich sein Vater stark mit dem Finanzmarkt auseinandergesetzt habe, habe er ihm alle Online-Zugangsdaten für das Konto übergeben, damit er dort seine Börsenkenntnisse erproben könne. Auch sämtliche Post sei an die Adresse des Vaters gegangen. Da er somit seit Jahren nichts mehr mit dem Konto zu tun gehabt habe, habe er es leider vergessen. Er fügte den an ihn gerichteten Finanzreport Nr. vom 02.06.2003 der C-bank bei.

Im Rahmen der daraufhin erfolgten Anhörung legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters vom 20.06.2004 vor, wonach dieser alleiniger Nutzer des C-kontos und des damit verbundenen Online-Depots ist. Das dort vor Jahren einbezahlte Geld sei sein Eigentum und habe zu seiner finanziellen Unterstützung während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit gedient. Sämtliche postalischen Mitteilungen seien auch an seine Postadresse gerichtet gewesen.

Mit Bescheid vom 01.07.2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 23.07.2003 bis 31.08.2003 und von Uhg für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.05.2004 auf und forderte vom Kläger die Erstattung der für diese Zeit gewährten Alhi und des Uhg sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 7.784,76 €. Zur Begründung gab die Beklagte an, der Kläger habe aufgrund seiner Vermögensverhältnisse keinen Anspruch auf Leistungen gehabt.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das Geld gehabt. Er habe restlos alle Unterlagen seinem Vater ausgehändigt...

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