Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfügbarkeit. postalische Erreichbarkeit. Pflicht zur Mitteilung der neuen Wohnanschrift

 

Orientierungssatz

Für das Erfordernis der postalischen Erreichbarkeit ist ohne Belang, ob der Arbeitslose im betreffenden Zeitraum überhaupt hätte in Arbeit vermittelt werden können (vgl BSG vom 15.5.1985 - 7 RAr 103/83 = SozR 4100 § 103 Nr 36 = BSGE 58, 104 und vom 12.6.1992 - 11 RAr 65/91 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8 = BSGE 71, 17). Eine bereits in Aussicht stehende neue Arbeitsstelle entbindet nicht von der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung einer neuen Wohnanschrift.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.06.1999; Aktenzeichen B 7 AL 264/98 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte beim Kläger die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 02. Juli bis 06. August 1997 aufheben und das im Zeitraum vom 02. bis 23. Juli 1997 gezahlte Alg in Höhe von DM 1.381,30 sowie die Beiträge zur Krankenversicherung (DM 294,12) und zur Pflegeversicherung (DM 38,76) zurückfordern durfte.

Der 1958 geborene Kläger war vom 07. Oktober 1986 bis 27. November 1996, unterbrochen durch Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Bezug von Krankengeld (vom 22. Juni bis 20. August 1995 und vom 11. September 1995 bis 27. November 1996) als Betonbauer bei der Bauunternehmung W. M. in M. beschäftigt; das Arbeitsverhältnis wurde am 27. November 1996 aus gesundheitlichen Gründen gelöst.

Bereits am 26. November 1996 meldete sich der Kläger bei der Dienststelle E. des Arbeitsamts Freiburg (ArbA) arbeitslos und beantragte Alg; hierbei gab er als Anschrift M. 1, T.-H. an. Mit Bescheid vom 17. Dezember 1996 bewilligte das ArbA die Leistung ab 28. November 1996 (wöchentlicher Leistungssatz DM 442,80); unter dem 09. Januar 1997 erging der auf der Grundlage der Leistungsverordnung erlassene Bescheid vom 09. Januar 1997, durch den das Alg ab 01. Januar 1997 in Höhe von DM 436,20 wöchentlich gewährt wurde. In dieser Höhe wurde die Leistung noch bis 23. Juli 1997 gezahlt.

Am 01. Juli 1997 zog der Kläger in die F. 1, U. um. Hiervon erfuhr das ArbA erst über den am 23. Juli 1997 eingegangenen Abzweigungsantrag des Landratsamts E. vom 16. Juli 1997. Auf Nachfrage des ArbA räumte der Kläger am 07. August 1997 den Umzug fernmündlich ein. Mit Bescheid vom 22. August 1997 hob das ArbA die Bewilligung von Alg vom 02. Juli bis 06. August 1997 auf, weil der Kläger ab 02. Juli 1997 aufgrund des Umzugs nicht mehr postalisch erreichbar gewesen sei und damit der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung gestanden habe; gleichzeitig forderte es die vom 02. bis 23. Juli 1997 tatsächlich ausgezahlte Leistung in Höhe von insgesamt DM 1.381,30 zuzüglich der Beiträge zur Krankenversicherung von DM 294,12 und zur Pflegeversicherung von DM 38,76; die Forderung werde ab sofort gegen den Anspruch auf Alg in Höhe von DM 3,85 täglich aufgerechnet. Mit Bescheid vom 26. August 1997 bewilligte das ArbA dem Kläger ferner ab 07. August 1997 wiederum Alg, wobei im Hinblick auf den dem Abzweigungsersuchen des Landratsamts E. ab 07. August 1997 entsprechenden weiteren Bescheid vom 22. August 1997 (Abtrennungsbetrag DM 136,20 wöchentlich) sowie aufgrund der durch die verfügte Aufrechnung vorgenommenen zusätzlichen Kürzung um jeweils DM 23,10 wöchentlich in der Zeit vom 07. bis 30. August 1997 an den Kläger lediglich ein Zahlbetrag von insgesamt DM 969,15 gelangte. Seit 01. September 1997 ist der Kläger wieder in Arbeit (Aufhebungsbescheid vom 04. September 1997).

Lediglich gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. August 1997 legte der Kläger am 19. September 1997 Widerspruch ein mit der Begründung, er sei für das ArbA fortwährend postalisch erreichbar gewesen, weil er einen Nachsendeantrag gestellt habe. Im übrigen habe er Mitte Juli 1997 auf dem ArbA vorgesprochen und mitgeteilt, daß er ab 01. September 1997 eine Arbeitsstelle in Aussicht habe; deshalb habe er auch gar nicht mehr vermittelt werden können. Mit dem dem Bevollmächtigten des Klägers am 08. Oktober 1997 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Deswegen hat der Kläger am 10. November 1997 (Montag) Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, daß er durch die in Aussicht genommene neue Arbeitsstelle bereits vermittelt gewesen sei und deshalb der Arbeitsvermittlung gar nicht mehr habe zur Verfügung stehen können. Für die Aufnahme der Tätigkeit habe es nur noch der Genehmigung von seiten der Rentenversicherung bedurft, weil er bereits teilweise arbeitsunfähig gewesen sei. Deswegen habe er nicht davon ausgehen müssen, daß die im Merkblatt aufgezeigten Verhaltensweisen auch noch für ihn gegolten hätten. Der Standpunkt der Beklagten sei absolut formal. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten, weil der Kläger aufgrund seines Umzugs, den er erst am 07. August 1997 mitgeteilt habe, in der Zeit vom 02. Juli bis 06. August 1997 unter der von ihm benannten Adresse post...

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