Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Bürgergeld. Unterkunft und Heizung. Übernahme von Mietschulden. Nichtvorliegen eines Anordnungsgrundes. fehlende Glaubhaftmachung drohender Wohnungslosigkeit oder schwerer Nachteile in Bezug auf das Mietverhältnis. Anordnungsanspruch. Mietvertrag unter Verwandten

 

Leitsatz (amtlich)

In einem auf die Übernahme von Mietschulden gerichteten Eilverfahren ist eine Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht erforderlich, wenn nicht glaubhaft gemacht ist, dass der antragstellenden Person bei nicht unverzüglicher Begleichung der Mietschulden Wohnungslosigkeit oder schwere Nachteile in Bezug auf das Mietverhältnis drohen.

 

Orientierungssatz

Auch Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von Wohnraum können Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarfe sein, wenn ein entsprechender rechtlicher Bindungswille besteht und es sich nicht um ein Scheingeschäft handelt, was unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist, weil auch vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Verwandten im Rechtsverkehr verbindlich sind.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 28.12.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Eilverfahrens die Übernahme von Mietschulden streitig

Die 1999 geborene Antragstellerin beantragte am 27.03.2023 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie legte unter anderem einen auf sie als Mieterin und ihre Mutter als Vermieterin lautenden und die Anmietung einer Wohnung mit der Adresse R1-straße, S1, ab dem 01.02.2023 betreffenden und auf den 30.01.2023 datierten, aber nicht unterschriebenen Mietvertrag über eine Grundmiete in Höhe von 560,00 € und Nebenkosten in Höhe von 292,00 € monatlich sowie eine Kaution in Höhe von 1.680,00 € vor. Mit Mitwirkungsaufforderung vom 06.03.2023 bat der Antragsgegner unter anderem um Übersendung von Kopien des unterschriebenen Mietvertrags sowie der aktuellen Meldebescheinigung und um Mitteilung, ob es sich bei der Wohnung um eine Mietwohnung oder Eigentumswohnung handele. Die Antragstellerin legte am 16.03.2023 eine Meldebestätigung, wonach sie seit dem 01.12.2022 unter der Adresse R1-straße, S1, gemeldet sei, sowie die von ihr und ihrer Mutter unterschriebene letzte Seite des Mietvertrages vor und führte aus, bei der von ihr bewohnten Wohnung handele es sich um eine Eigentumswohnung, die ihr von ihrer Mutter im Rahmen einer Schenkung übertragen worden sei. Sie sei im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Ihrer Mutter stehe aufgrund deren eingetragenen Nießbrauchs die Miete zu. Der Antragsgegner bewilligte sodann mit Bescheid vom 29.03.2023 vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.02.2023 bis zum 31.07.2023 in Höhe des Regelsatzes von 502,00 € monatlich. Über die Kosten der Unterkunft und Heizung könne aufgrund fehlender Unterlagen und Klärung noch nicht entschieden werden. Die Antragstellerin legte hiergegen, nachdem zuvor eine von den Stadtwerken erstellte Übersicht über die zu zahlenden Abschläge für Erdgas vom 04.04.2023 aktenkundig geworden war, am 18.04.2023 Widerspruch ein und suchte um Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung nach.

Ferner stellte die Antragstellerin am 08.05.2023 einen Eilantrag zum Sozialgericht (SG) Mannheim, den das SG Mannheim mit dem unter dem Aktenzeichen S 13 AS 897/23 ER ergangenen Beschluss vom 15.05.2023 ablehnte. Dem Vortrag der Antragstellerin und der Aktenlage sei momentan nicht zu entnehmen, dass Wohnungslosigkeit drohe. Es sei dem Vortrag oder der Aktenlage nicht einmal zu entnehmen, dass eine Kündigung der Wohnung angedroht worden sei. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Nichtberücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung seitens der Antragstellerin weitgehend darauf beruhe, dass diese trotz Aufforderung verschiedene Unterlagen nicht vorgelegt habe.

Mit Mitwirkungsaufforderung vom 16.05.2023 bat der Antragsgegner unter anderem um Vorlage des Schenkungsvertrags und des Grundbuchauszugs, eines Nachweises über die Zahlung von Kosten der Unterkunft für die Zeit vor dem 01.02.2023, eines Nachweises über den Wert der Wohnung, von Rechnungen der Stadtwerke ab dem Jahr 2022 sowie einer Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2022 und um Mitteilung, seit wann die Wohnung von der Antragstellerin bewohnt werde, ob die Wohnung vorher vermietet gewesen sei sowie wofür und an wen Nebenkosten bezahlt würden. Daraufhin legte die Antragstellerin ein auf den 05.05.2023 datiertes Schreiben ihrer Mutter vor, wonach das Mietverhältnis wegen ausstehender Zahlungen des Mietzinses und der Kaution fristlos gekündigt werde und die Antragstellerin aufgefordert werde, die Wohnung bis zum 30.05.2023 zu räumen. Der sodann zwecks Besprechung der Leistungsangelegenheite...

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