Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Nachfolgezulassung. Zulassungsinstanzen. Auswahlentscheidung. Berücksichtigung aller gesetzlichen Auswahlkriterien. Rangstelle in der Warteliste kein dominierender Auswahlmaßstab. keine Verpflichtung zur Berücksichtigung von bestimmten Wartelisten

 

Orientierungssatz

1. Das den Zulassungsinstanzen zukommende pflichtgemäße Ermessen bei der Entscheidung über eine Nachfolgezulassung erlaubt (und gebietet es ggf sogar), hinsichtlich der Dauer der ärztlichen Tätigkeit von einer strikt rechnerischen Betrachtung iS eines Abzählens von Tätigkeitsjahren und -monaten abzuweichen und statt dessen alle gesetzlichen Auswahlkriterien abwägend zu berücksichtigen.

2. Die Rangstelle in der Warteliste ist zwar ebenfalls bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich aber nicht um ein Kriterium, das die anderen Auswahlmaßstäbe dominieren und die Entscheidung der Zulassungsinstanzen aus Rechtsgründen präjudizieren müsste. Im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens dürfen diese auch einen Bewerber mit "schlechterem" Listenrang berücksichtigen, wenn das mit Blick auf die anderen gesetzlichen Auswahlmaßstäbe, etwa die Dauer der ärztlichen Tätigkeit oder die berufliche Eignung, gerechtfertigt ist. Ein günstiger Listenplatz kann die Zulassungsaussichten daher nur - wenngleich im Einzelfall auch entscheidend - verbessern.

3. Die Zulassungsinstanzen sind aus Rechtsgründen nicht verpflichtet, jeweils nur die für den nachzubesetzenden Vertragsarztsitz "einschlägige" Warteliste zu berücksichtigen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 30.6.2006 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Nr. 1 bis 7.

 

Tatbestand

Der Kläger, der die Niederlassung als Vertragsarzt unter Übernahme eines frei gewordenen Vertragsarztsitzes anstrebt, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die zu Gunsten seines Mitbewerbers, des Beigeladenen Nr. 8, ergangene und für sofort vollziehbar erklärte (Auswahl-) Entscheidung des Beklagten.

Im Ärzteblatt Baden-Württemberg Ausgabe 011/2005 (Verwaltungsakte - VA - S. 50) schrieb die Beigeladene Nr. 1 den Vertragsarztsitz des am 4.10.2005 verstorbenen Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K. in der Gemeinde M. zur Neubesetzung aus; Dr. K hatte an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen. Das Ende der Bewerbungsfrist wurde auf den 13.12.2005 festgelegt. Es bewarben sich (u. a.) der Kläger und der Beigeladene Nr. 8 (Bewerbungseingang 22.12.2005).

Der ... 1958 geborene Kläger war ... 1997 als Arzt approbiert worden; die Gebietsbezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" wurde ihm am 24.4.2002 zuerkannt. Er war wie folgt ärztlich tätig:

1.7.1992 bis 30.3.1995

Assistenzarzt der Abteilung Chirurgie im Kreiskrankenhaus R.

1.5.1995 bis 31.3.2001

Assistenzarzt der Abteilung Anästhesie im Kreiskrankenhaus B.

1.4.2001 bis 31.3.2002

Assistenzarzt in der Allgemeinpraxis Dr. L.

1.6.2002 bis 30.9.2002

Facharzt für Anästhesiologie in der Abteilung Anästhesiologie in der Klinik VS

seit 1.10.2002

Facharzt für Anästhesiologie in der ...-Klinik in B.

Auf der Warteliste als Bewerber um einen Vertragsarztsitz als Facharzt für Allgemeinmedizin im Regierungsbezirk F wird der Kläger seit dem 9.12.2003 geführt (VA S. 234).

Der 1952 geborene Beigeladene Nr. 8 war am 25.4.1985 als Arzt approbiert worden; die Gebietsbezeichnung "Facharzt für Allgemeinmedizin" wurde ihm am 5.12.2005 zuerkannt. In der Zeit von 1996 bis 1995 erwarb er die Zusatzbezeichnungen "Notfallmedizin", "Sozialmedizin", "Rehabilitationswesen", "Ärztliches Qualitätsmanagement", "Psychosomatische Grundversorgung". Seit 2003 absolviert er außerdem eine Weiterbildung zum Erwerb der Zusatzbezeichnung "Psychotherapie". Der Beigeladene Nr. 8 war wie folgt ärztlich tätig (Lebenslauf VA S. 4):

Juni 1985 bis Juni 1995

Assistenzarzt der Abteilung Chirurgie im Universitätsklinikum F. (Rotation: 1 Jahr Kreiskrankenhaus M, 1 Jahr Herzzentrum Bad K., 1 Jahr Abteilung Pneumologie der Universitätsklinik F.)

Oktober bis Dezember 1995

Oberarztvertreter im ...-Krankenhaus in D.

Februar 1996 bis März 2003

Referent beim MDK Baden-Württemberg

April 2003 bis August 2004

Assistenzarzt an der Neurologischen Klinik in E.

Sept. 2004 bis Mai 2005

Facharzt für Chirurgie im St. J. -Krankenhaus in F.

Juni bis Dezember 2005

Assistenzarzt in der Praxis der Dr. B-W

Seit Dezember 2005

bei der Fa. R. GmbH für Administrative Konzeptionen

Der Beigeladene Nr. 8 war am 18.9.1995 als Facharzt für Chirurgie in der Warteliste der Kassenärztlichen Vereinigung Südbaden und am 5.12.2005 als Facharzt für Allgemeinmedizin in die Warteliste des Bezirks Südbaden der Beigeladenen Nr. 1 eingetragen worden (VA S. 229, 225).

Mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte im Regierungsbezirk Freiburg (ZA) vom 3.2.2006 (VA S. 24) wurde der Kläger als Facharzt für Allgemeinmedizin für den frei gewordenen Vertragsarztsitz des ver...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge